Großzügiger Nachzug für Familien nicht vermittelbar

Ein Kommentar

von Ulli Tückmantel

Foto © Anna Schwartz
Großzügiger Nachzug für Familien
nicht vermittelbar
 
Von Ulli Tückmantel
 
Als die ersten Nachrichten von syrischen und irakischen Flüchtlingen die Runde machten, die Deutschland wieder verlassen, weil sie – anders als erhofft – ihre Familien nun doch nicht nachholen dürfen, zogen vor allem Politiker der Linken, Grünen und teils der SPD daraus einen geradezu absurden Schluß: Das zeige, welchen Schaden die große Koalition anrichte und warum der Familiennachzug nun ganz dringend kommen müsse.
Traut man den Umfragen, zeigt die Rückkehrwelle nach Meinung der meisten Deutschen etwas ganz anderes: Wer Deutschland über Griechenland in Richtung der Türkei verläßt, nachdem er hier als angeblich an Leib und Leben bedrohter Flüchtling Schutz und Aufnahme gefunden hat, kann nicht ganz so schutzbedürftig sein, wie er hier behauptet hat. Und daraus folgt nicht, daß der Familiennachzug möglichst offen und locker gehandhabt, sondern der Zugang zu einem deutschen Aufenthaltstitel weit strikter reglementiert werden muss.
 
Daß nun auch noch herauskommt, dass die Rückkehrer auf dem gefährlichen Weg zu ihren Familien deutsche Reisedokumente und Krankenkassenkarten zu Geld machen, kann in der Sache eigentlich niemanden wundern, aber es ist Wasser auf die Mühlen der Hardliner, die im von Horst Seehofer (CSU) geführten Innenministerium einen recht restriktiven Gesetzentwurf zum Familiennachzug erarbeitet haben: Prüfung einer „konkreten“ Gefahr für Leib oder Leben (die bei vielen nicht besteht), Prüfung, ob die Familien-Trennung „bewußt herbeigeführt wurde“, Bewertung der „Integrationsleistung“ des subsidiär Schutzberechtigten: Kann er Lebensunterhalt und Wohnraum für die nachziehenden Angehörigen sichern? Ist er an einem „positiven Beitrag“ zur hiesigen Gesellschaft tatsächlich interessiert?
 
Anders, als bei der von ihm angezettelten Dauer-Debatte um „Obergrenzen“, dürfte Seehofer mit diesen Kriterien – die die SPD-Bundestagsfraktion unbedingt aufweichen will – die Bevölkerungsmehrheit deutlich und dauerhaft auf seiner Seite haben.
Die SPD-Führung, die am Wochenende ihre Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles im Zuge ihrer vielfach beschworenen Erneuerung zur Vorsitzenden wählen will, sollte sich fragen, ob sie mit dieser Verweigerungshaltung eigentlich noch die Interessen ihrer eigenen Basis vertritt. Und so langsam begreifen, wer die Koalitionsverhandlungen wirklich gewonnen hat.


Der Kommentar erschien am 18. April 2018 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.