Heute hier, morgen dort

Hannes Wader – „Macht´s gut!“

von Frank Becker

Heute hier, morgen dort
 
Hannes Waders Bühnenabschied
 
Hannes Wader (*1942) ist sich ein halbes Jahrhundert als Künstler und Mensch treu geblieben, wie sein von einem enthusiastischen Publikum begeistert gefeiertes Abschiedskonzert am 30. November 2017 im ausverkauften Berliner Tempodrom eindrucksvoll belegte. Das Charisma eines der letzten großen Barden, die uns seit 50 Jahren den Spiegel vorgehalten haben, ist nicht verblaßt – im Gegenteil. Wie ein Fels der Poesie und Moral im stürmischen Meer der Jahrzehnte hat er sich gelassen von den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen, dem kleinen Alltag und der großen Welt umspülen lassen – und ist immer ehrlich und authentisch geblieben.
Wie oft haben wir in den 70ern seine Platten gespielt, mitgespottet, mitgelitten und mitgesungen. Seine Lieder waren Hymnen. Nach einem halben Jahrhundert verabschiedete sich Hannes Wader mit einer letzten großen Tournee und 17 Liedern von der Bühne: „Macht’s gut! – Das Abschiedskonzert 2017“, dessen Mitschnitt jetzt als CD vorliegt.
 
Mit seiner programmatischen Ballade „Heute hier, morgen dort“, eröffnete der in Ehren ergraute Künstler, dessen Platz im Olymp der Liedermacher dereinst gesichert ist, mit fester, nur wenig gealterter Stimme dieses denkwürdige Solo-Konzert. Wie zu Beginn seiner großen Liedermacher-Karriere und durch die Jahre bewährt, steht er allein auf der Bühne, begleitet sich als Fingerpicker von Gnaden auf der Gitarre und preist die vergangenen schönen Jahre („Begegnung“, „Kokain“, „Schwestern, Brüder“, „Schon so lang“) ebenso wie das Alter („Schön ist das Alter“, „Daß wir so lang leben dürfen“). Ist es wirklich fast 50 Jahre her, daß er uns mit  „Rohr im Wind“, „Strenge Gesellen“, „Ich hatte mir noch so viel vorgenommen“ und dem „Talking böser Traum Blues“ mitgerissen hat? Sein Vibrato, das typische Timbre ist noch immer da, und die Botschaften der vergangenen Jahrzehnte manifestieren sich auch in den neuen Liedern.
Hannes Wader ist der melancholische, wenn auch abgeklärte Geschichtenerzähler geblieben, der von den täglichen Kleinigkeiten singt, ein wenig flunkert und doch bei der Wahrheit bleibt. Wer ihm je unterstellt haben mag, ein gestriger Klassenkämpfer gewesen zu sein, hat seinen Irrtum gewiß schon lange eingesehen. Leuten wie Hannes Wader, Hermann van Veen, Klaus Hoffmann, Reinhard Mey oder Robert Long sollte man aufmerksam zuhören, hätte man immer schon zuhören sollen. Wir haben doch die Schallplatten – legen wir sie öfter auf…
Seit der große Moralist Hanns Dieter Hüsch abgetreten war, lag die Last der Mahnung allein auf den Schultern von Sängern wie Hannes Wader. Nun hat er sich verdient von der Bühne zurückgezogen, sein Schatz an großartigen, ehrlichen, frechen, melancholischen, manchmal etwas verrückten und vor allem moralischen Liedern aber bleibt präsent. Für Hannes Wader und sein Werk gibt es unser Prädikat, den Musenkuß. Unsere Schallplatte der Woche. Danke, Hannes Wader!
 
Hannes Wader – „Macht´s gut!“
© 2018 Universal / Mercury
Titel:
1. Heute hier, morgen dort - 2. Damals - 3. Begegnung - 4. Schön ist das Alter - 5. Schwestern, Brüder - 6. Das Bürgerlied - 7. Schon morgen - 8. Ankes Bioladen - 9. Große Freiheit - 10. Rosen im Dezember - 11. Ich fahr dahin - 12. Es ist an der Zeit - 13. Dass wir so lang leben dürfen - 14. Schon so lang - 15. Kokain - 16. Bella ciao - 17. Sag mir wo die Blumen sind
Gesamtzeit: 1:15:03
 
Weitere Informationen:  www.universal-music.de