Enthüllungen aus der illegalen Welt des Glücksspiels

„Molly´s Game“ von Aaron Sorkin

von Renate Wagner

Molly´s Game
(USA 2017)

Drehbuch und Regie: Aaron Sorkin
Mit: Jessica Chastain, Idris Elba, Kevin Costner u.a.
 
Ihr Name ist Molly Bloom, ja, wie bei James Joyce, aber kein Zusammenhang, und die Dame gibt es wirklich. Sie ist tatsächlich erst 39 Jahre alt, und wenn es nach ihr gegangen wäre, kennte man sie als berühmte Skifahrerin. Aber eine schwere Verletzung setzte diesem Traum (den auch ihr Vater – gespielt von Kevin Costner – nachdrücklich forcierte) 2002 ein Ende. Molly mußte sich neu orientieren. Und sie tat es so spektakulär, daß sie als Poker-Königin eine Berühmtheit wurde und vor Gericht landete… Ihre Memoiren hat nun Aaron Sorkin verfilmt.
Sorkin ist eigentlich als Drehbuchautor und Dramatiker bekannt („Eine Frage der Ehre“ hat man nicht nur mit Tom Cruise im Kino, sondern in Wien etwa auch im Volkstheater gesehen) und konnte offenbar einem unwiderstehlichen Stoff nicht widerstehen. So wurde sein Regiedebüt eine Mischung aus „Milieu“ – Glücksspiel, Glitzerwelt, Mafia, Stars hier, Gerichtssaal da – und dazu eine nicht nur schöne, sondern auch sprühend kluge Frau im Zentrum. Da konnte nichts schiefgehen, ist es auch nicht.
 
Molly Bloom, die nach ihrem Ski-Debakel erst einmal nach Los Angeles ging, geriet über einen Hollywood-Produzenten in die „Szene“ – und stellte fest, daß sie einen mathematischen Kopf und ein ausgesprochenes Talent für Poker hatte. Dabei bestand ihre persönliche trickreiche Geschicklichkeit darin, Poker-Turniere zu organisieren – nicht in Kasinos, sondern in geheimen Hinterzimmern, was die Sache für die Promis, die sich mit hohen Summen beteiligten, natürlich noch reizvoller machte. (Die Namen von Stars, die in Mollys Memoiren aufscheinen, werden im Film natürlich nicht genannt…)
Von 2007 bis 2010 waren ihre Untergrund-Pokerspiele der Hit der Reichen und Schönen, da mußte man dabei sein. Wie kriminell war das? Verbotenes Glücksspiel, gewiß, aber doch eigentlich kein Betrug? Allerdings flossen auch die Drogen, und die Einsätze wurden immer höher… („A million dollars isn’t cool. You know what’s cool? A billion dollars.“) Solche Summen stachen natürlich der russischen Mafia ins Auge, die diesen fetten Brocken gerne übernommen hätte und meinte, eine Frau schnell austricksen zu können – und dem FBI.
Ein großer Teil des Films besteht in Szenen zwischen Molly und ihrem Anwalt (Idris Elba gibt persönlichkeitsstark eine der erfundenen Figuren des Films), worin gewissermaßen ihre Geschichte erzählt wird (in hohem Maße mit ihrer Stimme aus dem Off), dazu Rückblenden, alles zusammen von einer gewissen Hitzigkeit, die in der illegalen Welt des Glücksspiels immer herrscht und die Sorkins Film schnell, schnell, schnell vorantreibt (und der trotzdem fast zweieinhalb Stunden dafür braucht!).
 
Dennoch wäre der Film „Molly’s Game“ nicht, was es ist, stünde da nicht Jessica Chastain, rothaarig, nervös, von sich selbst ebenso getrieben wie von der Eigendynamik, die ihr „Spiel“ genommen hat, selbständig, selbstbewußt, blitzklug und faszinierend im Mittelpunkt, sicher eine der interessantesten Schauspielerinnen, die es derzeit gibt. (Grotesk, daß sie für diese Leistung nicht für den „Oscar“ als Beste Hauptdarstellerin nominiert wurde – aber eine so „negative“ Figur, nein, das geht wirklich nicht. Nicht einmal im Rahmen der Neuen Frauenbewegung, wo doch die autonome Frau etwas gelten sollte…)
Im Grunde dreht sich alles um Molly, aber auch wenn man selbst nicht Poker spielt, ist das eine ungemein spannende Sache – wie sehr erst für jene, die ganz schnell die Karten „lesen“ können, die da über die Tische wandern… Am bemerkenswertesten ist übrigens der Richterspruch am Ende. Der kluge Mann sagte (nicht wörtlich, sondern sinngemäß zitiert): Was da an der Wallstreet mit Geld für Verbrechen verübt würden – dagegen seien illegale Pokerspiele, die niemandem schadeten als den Betroffenen, die schließlich selbst schuld seien, ein Klacks…
Molly kam mit „Community Service“ und einer Geldstrafe davon. Mit ihren Memoiren („Molly’s Game: The True Story of the 26-Year-Old Woman Behind the Most Exclusive, High-Stakes Underground Poker Game in the World“) hat sie wohl viel Geld verdient, mit den Filmrechten sicher auch. Und ewig in Gestalt von Jessica Chastain in der Filmgeschichte zu stehen – das ist doch auch etwas.
 
 
Renate Wagner