Die mißratene Bohnensuppe Den halben Tag hat es gedauert, bis wir das Wasser in dem riesigen Kessel auf unserer einfachen Feuerstelle zum Kochen gebracht haben. Wir schütten die stundenlang vorbereiteten Zutaten für eine Bohnensuppe hinein, von der erwartet wird, daß sie sowohl schmack- als auch nahrhaft werden soll. Meine Mitköche lassen mich für kurze Zeit mit der brodelnden Suppe allein, denn sie wollen ein Transistorradio herbeiholen, damit das Essen nachher bei Tafelmusik stattfinden kann. Ausschließlich ans Kochen auf Elektroherden gewöhnt, weiß ich mir nicht zu helfen, als die Suppe bald stärker und stärker kocht. Der Rührlöffel fällt mir dummerweise in den Topf. Um die Hitzezufuhr zu drosseln, versuche ich, brennende Holzscheite aus dem Feuer zu ziehen, gebe aber schnell auf. Verzweifelt laufe ich jammernd zwischen dem gedeckten Tisch und der Feuerstelle hin und her - die Situation wächst mir über den Kopf. Schon rinnt die wild überschäumende Bohnensuppe am Kessel hinunter ins Feuer. Ich stoße spitze Schreie aus und ergreife zwei volle Weinflaschen. In meiner äußersten Not schlage ich mit den Flaschen auf die über den Kesselrand quellende Suppe ein und schreie aus Leibeskräften. In diesem Moment kehren meine Mitköche samt Radio zurück. Ich kann ihnen nach dem Geschehenen nicht in die Augen sehen und erwarte am Boden liegend ihren gerechten Zorn. »Tötet mich«, fordere ich sie auf, weil mir das die sauberste Lösung zu sein scheint. O nein, davon wollen meine Mitköche nichts hören - keine Spur von Anklage! © Eugen Egner
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