Schwarze Helden, weiße Bösewichte - Action mit Moralin...

„Black Panther“ von Ryan Coogler

von Renate Wagner

Black Panther
(USA / 2018)

Regie: Ryan Coogler
Mit: Chadwick Boseman, Martin Freeman, Andy Serkis, Angela Bassett, Michael B. Jordan, Lupita Nyong’o u.a.
 
Im Universum von Marvel gibt es zwar einen schwarzen Superhelden, den titelgebenden „Black Panther“, aber in den jüngeren Real-Verfilmungen des Comic-Universums ist man ihm bisher nur in Nebenrollen-Funktion begegnet. Es mag mit dem gesteigerten, starken, ja, vielleicht langsam gleichwertigen Bewußtsein der afroamerikanischen Bevölkerung der USA zusammen hängen, daß nun ein Marvel-Blockbuster fast ausschließlich unter Schwarzen Afrikas spielt – mit ein paar Weißen als Bösewichte. (Schließlich hat ja auch „Wonder Woman“, eine Frau als Heldin, vom gewandelten Bewußtsein unserer Welt gezeugt, wo sich die Wertigkeiten verschieben.)
Abgesehen davon, was der Film von Ideologie und Zeitgeist her bedeutet, ist es am Ende aber doch eine Sci-Fi-Mischung geworden, die die gattungseigenen Machtkämpfen und eine Zukunft, in der Hochtechnologie herrscht, mit der üblichen afrikanischen Folklore verquirlt. („König der Löwen“ war ja einfach zu schön…)
Einige Ausflüge unternimmt der Film, den Ryan Cogler nach eigenem Drehbuch (unterstützt von Joe Robert Cole) nach den klassischen Comic-Vorlagen inszenierte, auch in die gegenwärtige Realwelt – in die USA, nach London, in den Fernen Osten (eine sehr James-Bond-artige Szene begibt sich in einem Kasino in Korea). Aber hauptsächlich spielt die Geschichte in dem (fiktiven) Königreich Wakanda, das über das Element Vibranium verfügt, das brillante digitale Technologien und auch überirdische Kräfte verleiht, was man aber nicht mit der Welt teilen will. Am liebsten möchte man in Ruhe gelassen werden (daran knüpfen sich politische Ideologien, die in einigen Dialogen angetippt, aber nicht wirklich ausgeführt werden).
 
Die Dramatik beginnt, als der alte König T’Chaka (John Kani), dessen Fehler und Versäumnisse erst später klar werden, bei einem Attentat in der UNO stirbt und sein ältester Sohn T’Challa ihm als König nachfolgt – nicht ohne Mühe, schließlich werden in afrikanischen Stammeswelten Fürsten persönlich herausgefordert und müssen sich mit starken Gegnern messen. Daß er den letztlich besiegten Herausforderer M’Baku (Winston Duke) leben läßt, stellt sich später als für ihn günstig heraus…
Und wenn Not am Mann ist, dann verwandelt sich der König in den Superhelden Black Panther – und was Hauptdarsteller Chadwick Boseman betrifft, hat er zwar eine absolut sympathische Ausstrahlung, aber den kämpferischen Superhelden glaubt man ihm nicht wirklich. Er strahlt viel zu wenig Macht und Killerinstinkt aus, ihn könnte man sich weit eher hinter einem Schreibtisch in einer amerikanischen Universität vorstellen…
Da ist das Damen-Corps, das ihn umgibt, weit bedrohlicher: Dieser Film hat nicht nur (Mutter, Schwester, Geliebte, Führerin der Truppe) eine starke Frauen-Phalanx zu bieten, sondern läßt die Weiber kämpfend zu Hyänen werden, vor denen sich jeder vernünftige Mann fürchten muß. Zudem sind sie, nicht nur in den Kampfszenen (davon gibt es genug und in bewährter Qualität dieser Filme), ein ungemein pittoreskes Element – genau wie all die Stammeskleidungen und die mit rhythmischen Bewegungen und Tänzen ausgeführten Stammesrituale. Dergleichen kennt man, wenn man das erwähnen darf, aus uralten Afrika-Filmen mit Clark Gable oder Stewart Granger… Wie dem auch sei, auch wenn der Regisseur seine Absicht erreicht hat, ein starkes, unabhängiges Afrika zu zeigen (und nicht ein „Shithole“, wie Präsident Trump es so freundlich nennt), gewisse Elemente dürfen (auch wenn sie klischeehaft anmuten) dann ja doch nicht fehlen.
König T’Challa, der den Zauberer (Medizinmann oder was immer) Zuri an seiner Seite hat (angenehm menschlich: Forest Whitaker) darf sich aber nicht nur mit der würdevollen Mama (Angela Bassett), seiner lustig-flotten-überklugen Schwester (Letitia Wright als Prinzessin Shuri, ein Vorbild für selbstbewußte, gebildete junge Frauen) und den Kämpferinnen (Lupita Nyong’o und Danai Gurira als Führerin der Leibwache) auseinandersetzen, wobei das Love Interest etwas im Hintergrund bleibt, es gibt auch Bösewichte auf zwei Ebenen.
 
Einen verkörpert Andy Serkis, der nicht nur Gollum oder Superaffe sein kann, sondern hier einmal (selten genug) in seiner menschlichen Gestalt erscheint: ein fieser Verbrecher, der aus einem Londoner Museum eine Axt stehlen läßt, die aus Vibranium besteht, was dann zu einer gewaltigen Hetzjagd führt. Noch ein Weißer und – neben „Black Panther“ – die zweite Fehlbesetzung des Films: Ausgerechnet „Hobbit“ und „Dr. Watson“ Martin Freeman, einer der großartigsten britischen Schauspieler, soll hier als amerikanischer CIA-Mann überzeugen (in der Originalfassung kriegt er nicht einmal den Akzent wirklich hin), er soll nicht nur ein hintergründiger Diplomat, sondern auch ein ehemaliger Kampfflieger sein… nein, das spannt die Glaubwürdigkeit zu sehr an, da geht man als Kinobesucher nicht mit.
Und dann bekommt Black Panther auch noch einen Rivalen: Erik Killmonger (Michael B. Jordan) ist sein absolut persönlichkeitsstarker Cousin, von seinem Onkel schlecht behandelt, nun voll von Rachegelüsten und Weltverbesserungsambitionen… und mit dem Kampf der beiden befaßt sich dann der zweite Teil des Films. Der dann ein kreuzbraves Ende nimmt, in dem wir dem afrikanischen König in den USA begegnen, wo er soziale Projekte ins Leben rufen will. Na, Kino ist nicht nur dazu da, uns mit perfekter Action zu unterhalten, sondern offenbar auch dazu, uns zu sagen, was gut und richtig ist…
 
Trailer   
 
Renate Wagner