Man fragt sich am Ende, warum man sich diese Geschichte ansehen soll.

„The Disaster Artist“ von James Franco

von Renate Wagner

The Disaster Artist
(USA - 2017)

Regie: James Franco
Mit: James Franco, Dave Franco, Sharon Stone, Seth Rogen, Zoey Deutch, Melanie Griffith u.a.

Das Leben schreibt die seltsamsten Drehbücher – zum Ersten.

Da gibt es in Hollywood einen der wichtigsten Preise zu verleihen, die „Golden Globes“, und ja – gegen harte Konkurrenz: James Franco gewinnt 2018 den Preis als bester Hauptdarsteller. Die Fotos des strahlenden Siegers gehen um die Welt. Am nächsten Tag werden Beschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs gegen den immer fröhlich grinsenden Schauspieler erhoben – und in dieser Sekunde wird er von jedermann fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Wie hieß doch der Film, für den er den Preis bekam? „The Desaster Artist“. Ja, ein Katastrophen-Künstler ist er plötzlich selbst – und die bisher höchst erfolgreiche Karriere des noch nicht 40jährigen kann gut und gern vorbei sein.
 
Das Leben schreibt die seltsamsten Drehbücher – zum Zweiten.
Tommy Wiseau war einer von Tausenden, Zehntausenden – völlig unbegabt, aber von keiner anderen Idee beseelt, als ein Star zu werden. Dabei hatte man ihm schon in der Schauspielschule in San Francisco seinen völligen Mangel an Talent bestätigt, was ihn keinesfalls in seinem unfaßbaren Selbstbewußtsein erschütterte: Man schreibt 1989, und noch immer geistert die Idee herum, es müsse einen neuen James Dean geben: James Franco, Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller dieses Films, schreitet im schwarzen Rocker/Marlon Brando-Look (albern aussehend) mit lächerlich stolzgeschwellter Brust herum, amüsiert in der Originalfassung mit dickem osteuropäischem Akzent, einer Art „indianischer“ Ausstrahlung und sprüht um sich die Überzeugung, der Größte zu sein… so, wie nur dumme Menschen in ihrer Selbsteinschätzung nicht zum Wanken gebracht werden können.
 
Während die Erfahrenen der Branche (Melanie Griffith als Schauspiellehrerin) Tommy Wiseau nicht die geringste Beachtung schenken, findet er einen Bewunderer: Greg Sestero (gespielt von Francos Bruder Dave Franco, ein blonder Gegenpart) ist einer der jugendlichen Schwärmer, die sich als Groupie an irgendjemanden heften mußten – und, weil das ja eine wahre Geschichte ist, hat Greg Sistero später das Buch über seine Erlebnisse mit Wiseau geschrieben, die diesem Film zugrunde liegen („The Disaster Artist: My Life Inside The Room“). So folgt man dem erratischen Verhalten dieses Mannes.
In Hollywood will niemand etwas von diesen talentlosen Leuten wissen (Sharon Stone huscht als Agentin über die Leinwand und mustert junge Schauspieler wie ein Stück Fleisch, das sie zu verzehren gedenkt) – auch nicht, wenn Tommy Wiseau in Restaurants schreiend „To be or not to be“ rezitiert. Irgendwann wird ihm und Greg klar: Nur weil sie es wollen, werden sie nicht zum Star, nicht in einer Million Jahre, und niemand wird ihnen je eine Chance geben.
„Never give up your dreams“, ist ein amerikanisches Motto, also beschließt Wiseau, selbst einen Film zu drehen, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, wie das geht. Aber all die Erfolglosen, die niemand will, stürzen sich begeistert auf das Projekt – auf den Auditions erscheinen so irre Typen wie sie selbst. Es ist amüsant, wie der Film erstens das Chaos dieser Dreharbeiten zeigt, die Eitelkeit der Beteiligten (Frauen meinen, es handle sich um einen Porno, und machen dennoch ohne Bedenken mit), das leere und zugleich aufgeblasene Geschwafel, das da abgesondert wird. Klar, daß da nur rauskommen kann, was heute als „der schlechteste Film aller Zeiten“ gilt, nämlich „The Room“.
Da hielt sich einer für einen Künstler, gab jedem Blödsinn nach, der ihm einfiel (schon damals gab es Leute, die das für Surrealismus erklärten und dergleichen für Kunst hielten) und war wirklich nur ein Idiot – und so gut James Franco das auch zu vermitteln vermag, als Kinobesucher fragt man sich am Ende, warum man sich diese Geschichte ansehen soll – denn so interessant ist sie dann auch wieder nicht… zumal Franco nicht erklären kann, was niemand je erfahren hat: Was steckte eigentlich hinter diesem Tommy Wiseau? Wer war er wirklich? Er hat es nie erzählt, und auch der Film tut es nicht. Aber – will man es wirklich wissen?
 
Trailer (amerik.) 

Trailer (deutsch)
 
Renate Wagner