Ein Streichquartett jenseits klassischer Konventionen

Das Vision String Quartet im Remscheider Teo Otto Theater

von Daniel Diekhans

Foto © Tim Kloecker

Ein Streichquartett jenseits klassischer Konventionen
 
Im Teo Otto Theater spielte das Vision String Quartet auf zwei verschiedenen Bühnen
 
Vision String Quartet – so nennen sich vier junge Musiker aus Berlin. Seit 2012 sind sie als Streichquartett unterwegs, das gern klassische Konventionen hinter sich läßt. Ein Markenzeichen ist das Spielen ohne Noten und im Stehen. Ein weiteres ist das Stilgrenzen überschreitende Repertoire. Im Teo Otto Theater bespielten sie damit gleich zwei Bühnen. Im oberen Foyer erlebte das Publikum Mozart und Schubert, im großen Saal Jazz und Pop.
Mozarts „Dissonanzen-Quartett“ hörte man nach wenigen Takten an, wie vertraut die Musiker miteinander sind. Elegant entwickelte das Quartett aus der langsamen Einleitung ein zupackendes Allegro. Oszillierte im ersten Satz die Stimmung zwischen Dur und Moll, durften Jakob Encke und Daniel Stoll ihre Geigen im Andante hymnisch singen lassen. Im dritten Satz sorgten Dissonanzen für dramatische Aufschwünge und der letzte Satz brachte alle Elemente elegant zusammen: den Schwung, die sanglichen Qualitäten und das immer wieder anklingende Moll. Eine schöne Dreingabe war Schuberts „Streichquartettsatz c-Moll“, bei sich dem zwei Themen aneinander rieben und dann mit hoher Intensität verschmolzen.
 
Im großen Saal erlebten die Zuhörer das Vision String Quartet noch einmal ganz anders. Ab dem Opener, dem Beatles-Klassiker „Come Together“, waren die Instrumente elektrisch verstärkt. Während die Musiker abrockten, tauchte eine Lightshow ihre schwarzen Anzüge in kräftige Farben. Jakob Encke trat ans Mikrophon und kündigte weitere Musikrichtungen an, „die uns gefallen“. Jazz zum Beispiel.
Für Songs von Benny Goodman und George Gershwin verwandelte sich das Streichquartett in eine Swingband. Cellist Leonhard Disselhorst zupfte die Bass-Saiten und Daniel Stoll traktierte seine Geige wie ein Schlagzeuger seine Trommeln. Auch wenn ihre Filmmusik-Version ohne laufende Bilder auskommen mußte – Encke las vorab ein Gedicht vor, das den Inhalt mit witzigen Schlenkern zusammenfaßte. Dazu gab es noch ein paar Bühnengags. Als wäre er eine Platte und hätte einen Sprung, wiederholte der Cellist einen Soundtrack-Schnipsel wieder und wieder. Doch Bratscher Stuart Sander mußte ihm nur einen kleinen Stups geben, schon ging es weiter.
 
Gelungen war auch die Eigenkomposition „Samba“. Da legten alle ihre Bögen zur Seite und überzeugten mit virtuoser Fingerarbeit. Phonstark und metallisch fiel die Schlußnummer aus. Grelle Lichtblitze erleuchteten die Bühne. Sollte das Konzert damit schon vorbei sein? Noch nicht ganz. Das Vision String Quartet entschied sich für eine gefühlvolle Ballade als Zugabe. „Das wär ja schade, wenn sie uns völlig durchgeknallt in Erinnerung behalten“, meinte Jakob Encke zum Abschied.


Foto © Tim Kloecker

Weitere Informationen unter www.visionstringquartet.com