Zwischen Ironie und schönem Pathos

Michael Frowin und Dietmar Loeffler lieben es französisch

von Daniel Diekhans und Martin Hagemeyer

Foto © Bernd Brundert
Zwischen Ironie und schönem Pathos
 
Duo präsentiert Chansons auf deutsch
– ohne Angst vor Klischees
 
Die „attitude“ schien eher frankophil als französisch: Beim Chansonabend im Teo Otto Theater bedienten Michael Frowin und Dietmar Loeffler optisch klar beliebte Bilder vom „savoir vivre“. Was hingegen das „genre“ betraf, so war das Spektrum des deutsch gesungenen Programms breiter als man vielleicht erwartet hatte. Um an dieser Stelle auch aufzuhören mit den französischen Lehnwörtern.
 
Gern griff das Duo also in seinem Programm Französisch - Immer wieder ein Hochgenuß in die Klischeekiste, trank Rotwein auf der Bühne - und Frowin trug sogar die Nationalfarben Blau-Weiß-Rot. Er hatte ja auch Nachholbedarf. Mit den Eltern, berichtete der Sänger zwischen zwei Chansons, sei er höchstens nach Österreich gefahren. Dafür ging es jetzt auf eine musikalische Tour de France, die Loeffler am Flügel begleitete.
Aber die Lieder zeigten noch einiges mehr – und so wurde der Abend nicht nur typisch, sondern auch schön. Nicht nur durch die geübte Sängerstimme Frowins, der auch Leiter des Hamburger Theaterschiffs ist. Ebenso versiert ließ Pianist Loeffler die Finger scheinbar mühelos über die Tasten wirbeln. Hinzu kam ganz grundsätzlich: Das Chanson ist ja doch ganz etwas anderes als hierzulande der Schlager. Große Gefühle, klar, die besingen sie alle, und zwar so gut zu konsumieren wie ein Bier oder ein leichter Rotwein. Aber wenn das „vielleicht schönste“ Chanson „Bitte geh nicht fort“ von Jacques Brel ist, wie Frowin vorab und auch einleuchtend meint: Dann sagt das einiges über die ganze Gattung, denn der Klassiker betört mit unverhohlenem Pathos. Doch es ist ja ein beliebter Irrtum, daß Pathos immer leer sein müsse. „Au contraire“, im Gegenteil: Mit Inbrunst gesungen wie hier ist es sogar seelenvoll.
 
Das Duo reizte dabei die Grenzen aus: Witzige Litaneien über Liebesabenteuer mit Margarete, mit Madeleine und all den anderen verliehen dem Reigen einen frechen, also ganz anderen Akzent. Überhaupt gab Frowin eigentlich mehr als den Sänger, sondern eine Art Conférencier, und Entertainerqualitäten zeigten sie beide: „Singst du das Lied etwa für mich?“, unterbrach Loeffler einmal seine Pianisten-Rolle, und der andere gab barsch zurück: „Nein, auf keinen Fall!“
Einen kräftig ironischen Dreh gab es für die Klagen eines Chauvis, als Frowin Charles Aznavours „Du läßt dich gehen“, schon im Original auf deutsch, mit Flasche und gespieltem Schwips präsentierte. Wie ja überhaupt die überdeutliche Pose auch immer wieder zu schmunzeln erlaubte. Dann aber wieder „Er war gerade achtzehn Jahr'“ nach dem Original der Sängerin Dalida, und dieses Lied samt Vortrag kam kein Stück ironisch daher - besang es doch resignierend die Einsicht, daß wir alle altern. Nebenbei bewiesen die zwei hier, daß ein Chanson wie dieses auch bei Geschlechterwechsel funktionieren kann, sprich hier: von einem Mann gesungen.
 
Mit Spötteln also oder ohne, zum Schmachten oder Schmunzeln? Als „Résumé“ des Abends möchte man sagen (oder singen): Aber schön war es doch.