Eine Olympia in Ascot

„My Faír Lady” an den Wuppertaler Bühnen

von Frank Becker

Anja Barth, Thomas Braus - Foto © Michael Hörnschemeyer
Eine Olympia in Ascot
 
Wie weiland Alfred Hitchcock läßt sich der Regisseur hie und da auf der Szene blicken - Johannes Weigands Auftritte in „My Faír Lady” als Bobby sind humorige Seitenhiebe gegen die Sparzwänge des Theaters.
 
Ansonsten wurde weder an Personal noch an Ideen gespart - und wo doch, wie bei der stimmungsvoll gemalten Kulisse (Bühne: Moritz Nitsche), geschah das sinnvoll. Jay Lerners und Frederick Loewes Erfolgs-Musical „My Fair Lady“ feiert 48 Jahre nach seiner Broadway-Uraufführung ausgesprochen fröhliche Urständ an den Wuppertaler Bühnen.
 
Die fruchtbare Zusammenarbeit von Oper (Weigand), Schauspiel (Wilfried Harlandt), Sinfonieorchester (Scott Lawton) und Chören (Konrad Haenisch) dokumentiert sich in einer Inszenierung, die leichte Hand im Schwierigen verrät. Die Bernhard Shaws „Pygmalion“ entlehnte Geschichte der Blumenverkäuferin Eliza Doolittle (Anja Barth), die als arrogantes Experiment des Sprachforschers Henry Higgins (Thomas Braus) zur Lady umerzogen wird, ist ein Kassenknüller seit ihrem ersten Tag.
Daß dies wohl auch in Wuppertal so wird, liegt auch an den Hauptdarstellern, die zum Teil bisher nicht abgerufene Qualitäten zeigen. So ist Thomas Braus auch als Musical-Darsteller eine sichere Besetzung und glaubhafter Interpret von „Kann eine Frau nicht sein wie ein Mann“, gibt Bernd Kuschmann humorvoll den liebenswert-kauzigen Oberst Pickering und brilliert Andreas Möckel stimmsicher als versoffener Alfred P. Doolittle.
 
Ingeborg Wolff ist die Rolle der vornehmen wie klugen Mrs. Higgins wie auf die Lebensart geschneidert und Anja Barth ersetzt als reizende Eliza fehlende Sangeskraft durch Charme. Ihr Auftritt als Hoffmann´sche Olympia bei Rennen in Ascot ist ein kleines Kabinettstück und das Erscheinen als „Belle of the ball“ eine entzückende Metamorphose. Das Sahnehäubchen ist die beschwingte Musik, vom Sinfonieorchester durchweg eingängig gespielt - und an das Sächseln kann man sich zur Not gewöhnen.


Thomas Braus, Anja Barth - Foto © Michael Hörnschemeyer

Frank Becker, 20.5.2004