Die größte Gefahr in der Nordkorea-Krise ist Trump

Ein Kommentar

von Ulli Tückmantel

Foto © Anna Schwartz
Die größte Gefahr
in der Nordkorea-Krise
ist Trump
 
Von Ulli Tückmantel
 
Die Welt kann nur hoffen, daß der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un nicht das ist, als was der US-Präsident ihn bezeichnete: ein Raketenmann auf einer Selbstmord-Mission.
Daß ein amerikanischer Präsident daheim vor die Mikrofone tritt, um Länder wie Nordkorea, Iran und den Irak eine „Achse des Bösen“ zu nennen, wie es George W. Bush 2002 in einer Rede zur Lage der Nation tat, ist das eine. Etwas völlig anderes ist es jedoch, sich als US-Präsident ans Rednerpult der Vereinten Nationen zu stellen und dort einem anderen Land mit dessen „völliger Vernichtung“ zu drohen.
Was auch immer Donald Trump getrieben haben mag, diese Drohung auszusprechen, die Welt kann jetzt nur hoffen, daß der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un nicht wirklich das ist, als was der US-Präsident ihn vorgestern bezeichnete: ein Raketenmann auf einer Selbstmord-Mission.
Denn ein irrer Raketenmann auf einer Selbstmordmission würde Trumps Drohung nicht so verstehen, daß auf eine einzige nordkoreanische Rakete ein sofortiger, umfassender nuklearer Gegenschlag folgt. Einem irren Raketenmann auf einer Selbstmordmission würde nach dieser Drohung dämmern, daß seine einzige Chance in einem Konflikt, den er auf Dauer weder weiter eskalieren noch am Ende gewinnen kann, in einem atomaren Erstschlag besteht.
In den USA setzen Nordkorea-Experten (oder was sich dafür ausgibt) darauf, daß Kim Jong Un vielleicht doch nicht in der Lage ist, den Treibstoff seiner Raketen ohne chinesische Hilfe zu beherrschen. Viel naiver geht es nicht: Die Weltgemeinschaft ist trotz aller Drohungen und Embargos in Nordkorea daran gescheitert, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern.
Nordkorea seine Atomwaffen wieder abzunehmen, ist derzeit keine realistische Option. Diese Demütigung seines Militärs würde Kim Jong Un nicht überleben. Auch ein Diktator unterliegt Zwängen. Daß Donald Trump ihm nun dem Finger zum Abzug führt, hat Folgen vor allem für die USA. Diese Sorte „America first“ führt zum Verlust von Alliierten und isoliert die USA strategisch.
Daß die USA im Fall des Falles in der Lage wären, einen vernichtenden Schlag gegen Nordkorea erfolgreich zu führen, darf man bezweifeln. Und es gibt keine Variante einer amerikanischen Vergeltung, bei der nicht Südkorea, China und Japan ebenfalls die Opfer wären. Alles, was Donald Trump mit seiner völlig haltlosen Drohung erreicht, ist, die Welt ein Stück näher an Abgründe zu führen, aus denen es kein Zurück mehr gibt.
 

Der Kommentar erschien am 22. September 2017 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.