Der Völkermord der Osmanen an den Armeniern

„The Promise“ von Terry George

von Renate Wagner

The Promise – Die Erinnerung bleibt
(The Promise - USA 2016)

Regie: Terry George
Mit:
Oscar Isaac, Christian Bale, Charlotte Le Bon,
James Cromwell u.a.
 
Es ist dem armenischen Volk nie gelungen, den an ihnen verübten Genozid im Jahre 1915 (trotz Franz Werfels „Die 40 Tage des Musa Dagh“) so im Bewußtsein der Welt zu verankern wie etwa die Juden den Holocaust. Nicht zuletzt deshalb, weil die Türken – anders als die Deutschen, die ihre Schuld annahmen und in alle Ewigkeit schwer daran tragen werden – nicht bereit waren und sind, das Geschehen zuzugeben, geschweige denn, eine Art von Schuld daran anerkannten.
Noch bevor die „Fake News“ zum täglichen Sprachgebrauch zählten, hat man von türkischer Seite das Ereignis stets als aufgebauschte Propagandalüge bezeichnet. Und wenn nun ein Film wie „The Promise“ sich mit diesem Thema befaßt, so wurden alle sozialen Medien zu Hilfe genommen, um hier desavouierend zu wirken und Publikum möglichst abzuhalten, sich diesen Film anzusehen.
 
Es beginnt wie eine Geschichte in eleganter Gesellschaft, kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Konstantinopel. Da ist eine sehr schöne, elegante, in Paris aufgewachsene Armenierin Ana (Charlotte Le Bon), ihr Geliebter, der amerikanische Journalist Christopher (Christian Bale, der einen etwas verwahrlosten Eindruck macht) – und Mikael, ein ambitionierter Apotheker, der aus einem Dorf (wo er eine Verlobte hat) in die Hauptstadt kommt, um hier Medizin zu studieren: Oscar Isaac ist genau der Typ, auf den Hollywood zurückgreift, wenn etwas Exotik angespielt werden soll, allerdings von der strikt positiven Sorte: Seine Ausstrahlung ist untadelig. Kein Wunder, daß die beiden Armenier sich in einander verlieben.
Die Dreiecksgeschichte versinkt aber schnell in den politischen Ereignissen, was sich nicht nur auf den Weltkrieg und die hier herumwieselnden, propagandistisch tätigen Deutschen bezieht: Das wahre Thema des Films liegt jenseits der tränenreichen Schnulze. Denn nun beginnt in einer Art „ethnischer Säuberung“ die Jagd der Osmanen auf die Armenier, und es ist beklemmend, wie in diesem Film der Zusammenbruch von zahllosen Menschenleben gezeigt wird – hier wird das Anliegen von Regisseur Terry George ganz klar: Er hat schon als Drehbuchautor an vielen „kritischen“ Filmen mitgewirkt und als Regisseur in „Hotel Ruanda“ einen Völkermord dargestellt. Hier ist man mit den Vertriebenen und blutig Verfolgten, die plötzlich den Boden unter den Füßen verlieren und Opfer gänzlicher Willkür werden. Unsere drei Protagonisten werden auseinandergerissen und vom Schicksal wild hin und her geworfen, wobei sich ihre Wege (wie dramaturgisch notwendig) immer wieder kreuzen.
 
Was die herrschenden Türken betrifft, so zeigt der Film, wie Menschen sich zu Menschen verhalten, die für sie nicht Mitmenschen sind, sondern die sie einfach für „minderwertig“ halten, und zu welchen Brutalitäten und Greueltaten sie fähig sind, wenn sie wissen, es straflos tun zu können – eine Situation, die sich vom Dritten Reich bis zu den Balkan-Kriegen (und davor und danach) in der Geschichte unaufhörlich wiederholt hat. (Immerhin gibt es auch den „guten Türken“, der allerdings unter der Übermacht seiner Kollegen nichts bewirken kann.)
Das Ganze ist eine so schmerzliche, auch stellenweise so grausam erzählte Begebenheit, daß ein Film wie dieser (den herzustellen sichtlich teuer war, was von einem reichen armenischen Sponsor finanziert wurde) kaum Publikum gefunden hat – wozu die Anti-Propaganda und die Kritik, die angesichts des ausufernden, großen Epos von einem billigen Melodram sprach, beitragen haben mag. Im Grunde erinnern Vertreibungs- und Ermordungsszenarien aus der Vergangenheit auch an die Gegenwart, und damit wird der „Fluchtort“ Kino zum Konfrontations-Medium: Schwer für ein breites Publikum, damit umzugehen.
Im Film erscheint übrigens am Ende James Cromwell als Henry Morgenthau und protestiert im Namen Amerikas bei den Osmanen gegen das Vorgehen. Die US-Presse hat in ihren Kritiken zu „The Promise“ übrigens auch daran erinnert, daß Barack Obama sein Versprechen, er werde den armenischen Genozid anerkennen, nie eingehalten hat. Kurz, die Geschichte lebt.
 
 
Renate Wagner
 
Wann und in welchen Städten/Kinos der Film läuft,  bzw. wie man sich Tickets rechtzeitig sichert, finden Sie unter dem folgenden Link: