Beeindruckende Bilder von vergessenen Künstlern

Kunstmuseum Solingen erweist „Entarteter Kunst“ die längst fällige Ehre.

von Andreas Rehnolt


Beeindruckende Bilder von vergessenen Künstlern
 
Kunstmuseum Solingen erweist „Entarteter Kunst“
die längst fällige Ehre.

 
 
Das Zentrum für verfolgte Künste in Solingen erinnert mit einer großen Ausstellung an die Folgen der NS-Aktion „Entartete Kunst“ vor 80 Jahren.
Die Schau zeigt Kunstwerke, die durch finanzielle Hilfe der Bundesbeauftragten für Kultur angekauft werden konnten. 
 
Solingen - „Vor 80 Jahren: Die NS-Aktion 'Entartete Kunst'„ ist der Titel einer Ausstellung, die am 19. Juli im Zentrum für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen eröffnet wird. „Die Mehrzahl der über 200 Gemälde, Lithografien, Zeichnungen und Skizzen stammen von Künstlerinnen und Künstlerinnen, die von den Nationalsozialisten verfolgt, verboten oder ermordet wurden und deren Namen und Werke zu Unrecht bis heute kaum oder gar nicht mehr bekannt sind“, erklärte Ausstellungskurator Jürgen Kaumkötter bei der Präsentation vor der Presse.
Der Zeitpunkt der Eröffnung der bis zum 10. Septembervorgesehenen Schau ist nicht zufällig. Am 19. Juli 1937 nämlich gaben die Nazis mit der Eröffnung der Kunst und Künstler verunglimpfenden Schau „Entartete Kunst“ in München „die Jagd auf alle Bereiche der modernen Kunst frei,“ so der Kunstsammler Gerhard Schneider, der zahlreiche Exponate für die Schau zur Verfügung gestellt hat.


Blick in die Ausstellung - Foto © Zentrum für verfolgte Künste
 
Es sind nicht die bereits vor der NS-Machtergreifung berühmten Künstlerinnen und Künstler, deren Kunst als „entartet“ eingestuft wurde und die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erneut in die Museen und Sammlungen einzog. Im Zentrum der Ausstellung stehen vielmehr diejenigen Künstler und Künstlerinnen, die am Beginn einer Karriere standen, von denen viele in ihren Werken scharf mit dem Nationalsozialismus in Gericht gingen und die deshalb aus den Museen und Sammlungen entfernt und seither vergessen wurden, sagt der Direktor des Kunstmuseums Solingen, Rolf Jessewitsch. 
Er versteht die sehenswerte Schau deshalb nicht zuletzt auch als Wertschätzung gegenüber diesen Künstlern, die „doppelt verfolgt wurden“. Einmal als man sie in die Schublade „entartet“ steckte und viele ihrer Werke zerstörte und zum zweiten Mal nach 1945, als man den meisten von ihnen den Respekt und die Anerkennung für ihre Kunst versagte, indem man sie einfach vergaß. Im Fokus der Präsentation stehen die Neuerwerbungen der Bürgerstiftung für verfolgte Künste – Else-Lasker-Schüler-Zentrum – Kunstsammlung Gerhard Schneider.
Sie konnten mit Hilfe einer Finanzspritze in Höhe von 1 Million aus dem Etat der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien erworben werden. Über 700 beschlagnahmte Werke von mehr als 120 Künstlerinnen und Künstlern wurden vor 80 Jahren von den Nazis in München unvorteilhaft gehängt und mit diffamierenden Schmähschriften versehen. Schon die Anführungszeichen bei „Kunst“ innerhalb des Ausstellungstitels „sollten die Kunst und ihre Urheber sichtbar herabwürdigen“, so Schneider.


Kurt Tuch, Badende am Krüpelsee1918 - © Sonja Tuch

Im Fortgang ihrer „Säuberungswelle“ entfernten die Nazis dann rund 20.000 Werke von über 1.600 Kunstschaffenden als „degeneriert“ und „volksverderbend“ aus Museen und Sammlungen. Einem erheblichen Teil der Betroffenen raubte die nationalsozialistische Verfolgung die Zukunft. „Die Nachkriegsgesellschaft versäumte es, sie und ihr Schaffen in den deutschen Kulturkanon zurückzuholen“, kritisiert Kurator Kaumkötter.
Beeindruckend etwa das Bild „Sieg der Gerechtigkeit - Untergang des Unstern Hitler“ von Oscar Zügel von 1934/36 oder sein anklagendes Bild „Genotzüchtigte Kunst III Josef Goebbels“ aus dem Jahr 1930. Der Holzschnitt von Ewald Dülberg stammt von 1920 und zeigt eine Kreuzigungsdarstellung, die sich an afrikanischen Masken orientiert. Der Titel lautet: „Er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis zum Tod.“
In der Ausstellung sind außerdem Arbeiten unter anderem von Richard Haizmann, César Klein, Ludwig Meidner, Heinrich Stegemann, Bernhard Kretzschmar, Albert Birkle, Rudolf W. Heinisch oder Hans Ludwig Katz zu sehen, die man zuvor selten oder noch nie gezeigt hat. Ein besonderes Verdienst der Aussteller ist zudem, daß sie ausführlich über die Person der jeweiligen Künstlerinnen und Künstler, ihr Schicksal während der NS-Zeit und gegebenenfalls ihr Leben nach 1945 informieren.


Oscar Zügel, Dornbusch um1926 - © Katia Zügel
 
Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Kontakt: Zentrum für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen - Wuppertaler Str. 160 – 42653 Solingen - Tel: 0212 - 25814-0 
 
Redaktion: Frank Becker