Vom Ende und vom Anfang

Du mich auch - Eine Szenen-Collage des BUnT-Ensembles

von Frank Becker

Im Waschsalon, als alles anfing: Rebekka Herrig, Johannes Steinlein - Foto © Frank Zobel

Vom Ende und vom Anfang
 
Du mich auch
Eine Szenen-Collage des BUnT-Ensembles
 
Eine Aufführung und Produktion der Theatergruppe der Bergischen Universität Wuppertal
 
Regie: Charlotte Jäckle / Frida SteinLicht und Ton: Thorsten Kellner – Fotos: Frank Zobel
Besetzung: Marc Busch (Lukas) – Rebekka Herrig (Katja) – Charlotte Jäckle (Flora) – Nadine Klein (Rose) – Nils Schumacher (Cliff) – Niklas Selz (August) – Johannes Steinlein (Marius) – Anouk Uyandiran (Julie)
Ich liebe dieses Mädchen –
und wenn die Liebe unerwidert bleibt, zerspringt die Welt.
(Marius)
 
Worum geht es? Na klar, um die Liebe, worum auch sonst, denn um sie dreht sich doch alles. So auch die acht Miniaturen, mit denen das BUnT-Enselmble der Wuppertaler Universität mal dramatisch oder heiter, hier lakonisch oder dort urkomisch die Anfänge und den Schluß von vier Liebesgeschichten auf den Punkt und die Bühne bringt. Zusammengestellt aus Texten von Roland Schimmelpfennig, Igor Bauersima, William Mastrosimone sowie frei entwickelten Dialogen spannt sich ein durchaus realistischer Bogen von Gefühlen über die gelungene knappe Lehrstunde in Sachen Beziehung. Obwohl – haben wir das nicht alles so oder so schon selber erlebt? Genau das macht den Reiz dieses Theaterabends aus. Man fühlt die lebensnahen ersten und letzten Begegnungen intensiv mit.
 
Den Anfang macht ein dramatisches Ende. Marius (Johannes Steinlein) hat sich in ein völlig fremdes Mädchen verliebt. Es Katja (Rebekka Herrig) zu sagen, will ihm nicht über die Lippen – bis es beinahe verzweifelt heraussprudelt: „Ich liebe dieses Mädchen – und wenn die Liebe unerwidert bleibt, zerspringt die Welt.“ Das hat Wucht. Eine spätere Rückblende zeigt gekonnt in selbst entwickelter Szene mit leisen Charme das zarte Kennenlernen und Verlieben der beiden in einem Waschsalon.


...und dann würde ich... - Niklas Selz, Anouk Uyandiran - Foto © Frank Zobel

Die kesse Julie (hinreißend: Anouk Uyandiran) führt den schüchternen August (köstlich: Niklas Selz) mit all ihren bestechenden Reizen unwiderstehlich an die körperliche Liebe heran, theoretisch, versteht sich. Doch was die beiden sich in ihren erotischen Phantasien zu sagen haben, prickelt heißer auf der Haut als plakativer Sex. Die beiden Darsteller beherrschen das Spiel mit Verlangen und Verlegenheit, Lust und Leidenschaft, Andeutung und Abstand mit köstlicher Leichtigkeit und ungemein witzig. Ein Kabinettstückchen, bei dem man spürte, wie sich das erkennende Publikum an diesem heißen Sommerabend löste. Die beiden würden sich Jahre später noch einmal begegnen, zufällig und en passant auf der Straße. Sie hätte wohl gerne angeknüpft…
Flora (Charlotte Jäckle, spontan und brillant eingesprungen für die erkrankte Tina Burbach) würde gerne den hübschen, aber phlegmatischen Oberschüler Lukas (Marc Busch) verführen, besitzen. Die kuriose, begehrlich hektische Annäherung scheint das Objekt ihrer Begierde nicht wesentlich zu reizen. Der bittersüße Humor der Szene amüsiert. Aber Flora scheint Erfolg gehabt zu haben, denn wir erleben auch die bittere Trennung in stummer Traurigkeit. Die Gesten der Hilflosigkeit berühren.
Ein viertes Bonbon dieses Exkurses in die Gefühlswelt junger Menschen servieren die zauberhafte Nadine Klein im knallgelben Mini als die unentwegt plappernde Rose und Nils Schumacher, herrlich bräsig als grundsätzlich nur an einem interessierter Schlaks Cliff. Sie, ein attraktiver zuckersüßer Zitronenfalter, hat ihn, einen Macho mit Bierflasche. irgendwo aufgerissen und mit nach Hause genommen. Ein One-Night-Stand? Vielleicht weiß sie selber nicht so genau. Das entgeht ihr irgendwann im ziellosen Dialog nicht, und als er kurios markierte Begehrlichkeiten zeigt - kann ein BH als „Zeichen“ gelten? - ist es auch schon vorbei. Rose emanzipiert sich.


Nils Schumacher, Nadine Klein - Foto © Frank Zobel
 
Das Ensemble – Laien, notabene! - schafft es mit leichter Hand, mit Seitenblicken, Gesten, nicht Gesagtem und Emphase die ganze Palette der möglichen Gefühle aufzufächern. Nichts erscheint aufgesetzt, alles ist dicht am Leben, vielleicht auch dadurch, daß die Hälfte der Szenen aus vermutlich doch eigenem Erleben und Empfinden frei und lebensnah gestaltet wurde. Chapeau!
 
Eine Stunde, keine Pause – besucht wurde die Premiere am 7.7.2017
 
Zweiter und leider letzter Termin (also nicht versäumen!): 09.07.2017 um 17 Uhr
Ort: Bergische Universität Wuppertal, Campus Grifflenberg, Musiksaal (Gebäude M, Ebene 09) - Gaußstr. 20, 42119 Wuppertal. Der Eintritt ist frei.