Beckfelds Briefe

An Bettina Wulff

von Hermann Beckfeld

Hermann Beckfeld - Foto © Dieter Menne
Als ihr Mann vorn Amt des Bundespräsidenten zurücktrat, rückte Bettina Wulff von seiner Seite und schrieb wenig später ihre Biografie.
 
Sehr geehrte Frau Wulff,
 
einen meiner ersten Briefe habe ich an Ihren Mann geschrieben. Ich hatte gelesen, daß er in ein Kloster geflüchtet war, und ein Bild ging mir nicht aus dem Kopf. Das Bild vom weggejagten Bundespräsidenten, der einsam an einem Seeufer steht und aufs Wasser schaut. Ich hatte Mitleid mit ihm.
Heute schreibe ich Ihnen, und es ist ein Mix aus Wut, Unverständnis und Traurigkeit, der mich dazu bewegt. Auch wenn Sie jetzt die Reißleine gezogen und alle PR-Termine abgesagt haben: Ich schäme mich für Sie. Ich schäme mich für die ehemalige First Lady im Lande und noch mehr für eine Frau, die ihren Mann bloßstellt. Die Intimitäten aus ihrem Eheleben bunten Blättern preisgegeben hat. Die gewillt war, von Talkshow zu Talkshow zu tingeln und dabei nur ein Ziel vor Augen hatte: Ihr Buch und vor allem sich selbst zu verkaufen. Selbst die Gerüchte um Ihre angebliche Rotlicht-Vergangenheit waren Ihnen nicht zu platt, zu billig, um die Werbe-Kampagne für Ihre Biografie in Gang zu bringen. Nun lese ich puren Egoismus, primitive Selbstdarstellung in fast jedem Kapitel, zwischen den Zeilen sowieso.
Ich mag es nicht, wenn jemand gedemütigt wird, der schon am Boden liegt. Sie aber denunzierten Ihren Mann, nehmen ihm das Letzte, was Sie ihm nehmen können - die Geborgenheit der Familie.
Sie haben etwas verspielt: Ihr Image einer modernen, emanzipierten, klugen Persönlichkeit, die mehr war als nur die Frau an der Seite des Bundespräsidenten. Die Ihrem Mann im Blitzlichtgewitter die Treue hielt und ihn stärkte, als nach und nach seine heile Welt zu Bruch ging. Sie schreiben selbst, wie es wirklich war: In der schwersten Stunde Ihres Mannes, als er im Schloß Bellevue seinen Rücktritt erklärte, da sind Sie bewußt einige Meter abgerückt von Ihrem Ehepartner, dem Sie versprochen hatten, ihm in guten wie in schlechten Zeiten beizustehen. Ich hatte in meinem Brief Ihrem Mann geraten, keine Biographie zu schreiben. Auch Sie hätten besser geschwiegen. Es hat schon vor Ihnen prominente Autoren gegeben, die sich in ihren Biographien vom Täter zum Opfer verklärten. Das hat viele reich, aber wenige glücklich gemacht.
 
Sehr geehrte Frau Wulff,
ich bin wütend über Ihren Egoismus, Ihr Selbstmitleid, Ihre Gefühlskälte, Ihre Verantwortungslosigkeit gegenüber dem eigenen Mann. Ich kann nicht verstehen, wie dumm und naiv man sein muß, so ein Buch zu schreiben und als Pressefrau mit so einer durchschaubaren Strategie Ihre Glaubwürdigkeit und unser Vertrauen zu zerstören. Ich finde es traurig, daß Sie anscheinend keine Freunde haben, die Ihnen von der Abrechnung abgeraten haben. Und es ist tragisch, daß Sie letztendlich mit dem Buch Ihr Ziel erreicht haben. Sie haben es selbst formuliert: „Ich will, daß die Leute mich so sehen, wie ich wirklich bin.“

(22.09.2012)
 
 
Mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlags Henselowsky Boschmann.
„Beckfelds Briefe“ erscheinen jeden Samstag im Wochenendmagazin der Ruhr Nachrichten.

Redaktion: Frank Becker