Schmeiß Hirn vom Himmel!

„Die Mumie“ von Alex Kurtzman

von Renate Wagner

Die Mumie
(The Mummy - USA 2017)

Regie: Alex Kurtzman
Mit: Tom Cruise, Russell Crowe, Sofia Boutella, Annabelle Wallis, Jake Johnson u.a.
 
Hollywood, die Dollar-Zeichen im Auge, macht nun aus seiner Ideenlosigkeit ein Konzept. Wann hat man zuletzt einen originalen, originellen und am Ende noch wirklich guten Film gesehen? Man müßte lange nachdenken… Aber die Remakes alter Erfolge sind ja wirklich einfacher. Und wenn der Disney-Konzern mit den Marvel Comic-Helden offenbar ein Vermögen macht, warum soll Universal das mit den hauseigenen Klassikern nicht tun?
Dort besitzt man immerhin „Die Mumie“, „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“, „Frankenstein“, „Dracula“ und „Invisible Man“, da läßt sich schon noch einiges herausholen. Und genau das findet unter dem Motto „Dark Universe“ nun statt, ist als lange Reihe angekündigt, man jongliert mit Starnamen – und jetzt den Paukenschlag mit der guten, alten „Mumie“. Die wurde durchaus verjüngt (nicht nur, weil Tom Cruise aussieht, als wäre die Zeit stehen geblieben – sprich: gut gearbeitet, wer immer an dem Gesicht dran war, und seien es nur die Maskenbildner) und neu aufgeputzt mit allerlei „Ideen“, spricht: die Mumie ist erstmals eine Dame, Dr. Jekyll (!) wuchtet sich ins Geschehen, Zombies und andere schaurige Gestalten schleichen herum – ja, und so viel achselzuckenden Blödsinn und schrägen Humor angesichts der ganzen Dummheiten gab’s noch nie. Und das ist ganz angenehm.
 
Es beginnt mit den Gräbern der Kreuzritter, warum, das erfährt man erst später, immerhin taucht da gleich Dr. Jekyll auf, in vielen Wissenschaften daheim, offenbar auch Historiker und Archäologe, und ihm fällt in diesem Zusammenhang (nicht ganz logisch) die Geschichte der ägyptischen Prinzessin Ahmanet ein. Die höchst fiktive Dame hat aus Machtgier den Pharao-Vater und dessen Nachkommen umgebracht und wollte eben ansetzen, einen Sterblichen durch Mord (Superdolch mit rotem Edelstein ist dazu vonnöten) zum Todesgott Seth zu mutieren… da haben Unbekannte eingegriffen, sie überwältigt und lebendig begraben.
Sprich: aus der bildschönen Algerierin Sofia Boutella wird nach diesem Ägypten-Rückblick (wo sie natürlich hinreißend attraktiv à la Cleopatra ist) eine schrumpelig-graue, schaurig-wütende Mumie, das heißt, eine lebendige Tote, die viel vor hat, als man sie irrtümlich befreit…
 
Auftritt Tom Cruise, US-Soldat Nick Morton im Irak, als höchst unseriöser Dieb und Antiquitätenjäger in Uniform unterwegs, selbst schon komisch genug, aber noch mit einem Komiker-Kollegen (Jake Johnson) an der Seite. Nun muß man solchen Filmen ja nichts glauben, aber daß die alten Ägypter ihre böse Ahmanet im Sarg wirklich bis nach Mesopotamien geschleppt haben, damit Nick ihn zufällig mitten im Irak-Krieg (da sind Bombardements dann sehr lustig) finden kann… sei’s drum.
Von da an wird es unsagbar turbulent, irgendwie katapultiert sich die Mumien-Prinzessin in Nicks Kopf – wenn sie ihn aber, Mumien-grau und grauslich, erotisch umgarnt, verdient sich Tom Cruise angesichts von so viel Unappetitlichkeit seine Millionengage nicht leicht, darf aber immerhin ein lockeres „Mit uns beiden wird es wohl nichts“ absondern.
Der von Alex Kurtzman bar jeder Übersicht inszenierte und geschnittene Film läuft so schnell, daß all die logischen Brüche überhaupt nicht zum Tragen kommen. Was passiert? Der Sarkophag wird nach England geflogen, Flugzeug stürzt ab, wer mit der Mumie in Berührung kommt, wird zum Zombie mit Ausnahme von Nick, der zum Objekt der erotischen Begierde ausersehen ist, der aber lieber mit der blonden Archäologin (Annabelle Wallis) flirtet, der er auch mehrfach dramatisch das Leben rettet.
 
Dramaturgisch im Grunde überflüssig ist, die Figur des Dr. Jekyll schon in diesem Film zu verheizen (er soll allerdings auch extra in der „Dark Universe“-Reihe drankommen), aber immerhin wird er von Russell Crowe gespielt, und der ist ja nun wirklich der Beste, selbst in solchem Blödsinn, und er gibt auch schon einen kleinen Vorgeschmack darauf, wie fürchterlich er sein wird, wenn er zu Mr. Hyde mutiert.
Im allgemeinen Krach wird noch ein Teil von London in Schutt und Asche gelegt (warum Filme dieser Art das Städte-Zerstören so gern haben?), die Kreuzritter erheben sich aus den Gräbern, bevor sie zu Staub zerfallen, und mehr will man nicht erzählen… immerhin wird es für Tom Cruise ganz, ganz dramatisch, und bei dem, was da handlungsmäßig alles angelegt wird, hält man eine Fortsetzung für gut möglich.
 
Zur Mumie selbst müßte man sich allerdings noch was einfallen lassen (denn die ist ja wieder versenkt worden), aber wie das Drehbuch zu diesem Film zeigt, ist da noch sehr viel Unsinn in der Tüte. Immerhin, den Erfolg möchte man diesmal nicht bezweifeln (denn „Dracula Untold“ war vor zwei Jahren ein höchst matter, erfolgloser Auftakt der Serie). Man weiß ja – bei Horror & Fantasy ist das Publikum leicht zu unterhalten, zumal wenn man einen immer noch gut aussehenden, muskelbepackten, actionfreudigen Superstar dazu packt…
 
 
Renate Wagner