ExperĂ­menta

Fotokunst zwischen Herstellung und Schnappschuß in der Von der Heydt-Kunsthalle

von Beate Eickhoff/Bec.

Sabine Fehlemann - Foto © Ingrid von Kruse
Experímenta
 
Fotokunst zwischen Herstellung und Schnappschuß
 
Die Von der Heydt-Kunsthalle in Wuppertal-Barmen zeigt
Bilder aus der Foto-Sammlung des Von der Heydt-Museums.
 
10. Juni - 13. August 2017
 
 
Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum nutzt das Frühjahr und den Sommer 2017 dazu, einmal seine Magazine weit zu öffnen und Ausstellungen aus de eigenen Beständen zu zeigen – Gelegenheiten für Interessierte, einmal zu sehen, was sonst nicht zu sehen ist. Mit den Ausstellungen „Mehr Licht“ und „Something old something new“ im Stammhaus Elberfeld, über die wir berichtet haben und fortlaufend berichten, wurden und werden Malerei, Skulptur und Kunsthandwerk von vorchristlicher Zeit bis heute präsentiert. Eine neue Ausstellung in der Barmer Kunsthalle des Museums zeigt nun Fotografien aus der Sammlung des Hauses, viele davon bisher noch nicht öffentlich gezeigt.
 
Mit mehr als 50 Künstlern aus einem Zeitraum von rund 100 Jahren besitzt das Von der Heydt-Museum ein spannendes und facettenreiches fotografisches Konvolut, das sich von Man Ray, Hugo Erfurth, August Sander, Karl Blossfeldt, Florence Henri, Ingrid von Kruse, Eugen Batz, Jan Dibbets, Klaus Rinke, Guido Jendritzko, Bernd und Hilla Becher sowie Boris Mikhailov bis zu Fotoarbeiten zeitgenössischer Künstler wie Ursula Wevers und Bettina Pousttchi erstreckt. Bislang noch unentdeckt sind die Neuerwerbungen der vergangenen Jahre. Die Von der Heydt-Kunsthalle präsentiert nun einen Querschnitt aus rund 100 Bildern durch diese Sammlung.


Peter Keetmann, Ginkgo-Blätter o.J. - Foto © Frank Becker
 
1952 gab der Ankauf des Fotos „Robert Delaunay vor seinen Arbeiten", von der Künstlerin Florence Henri Anfang der 1940er Jahre aufgenommen, den Anstoß, am Von der Heydt-Museum ein neues Sammelgebiet aufzubauen. Allerdings dauerte es noch einmal fast zwei Jahrzehnte, bis sich mit dem Erwerb von Jan Dibbets „Ebbe und Flut” 1970 die Sammeltätigkeit auf dem Gebiet der Fotografie intensivierte.
Die zunehmende Anerkennung der Fotografie als künstlerisches Medium spiegelt sich seither auch in den Ausstellungen des auf Malerei, Skulptur und Grafik spezialisierten Von der Heydt-Museums. Die experimentelle Arbeit mit der Kamera begeisterte bereits seit den 1920er Jahren viele Maler. Als frühe Beispiele fanden Fotos von Malern wie Christian Schad, Man Ray sowie - als umfangreichstes Konvolut - Abzüge von Negativen aus dem Nachlaß des Künstlers Wols Eingang in die Sammlung. Seine herausragende Fotokunst wurde in Zusammenarbeit mit seiner Familie erstmals 1978 im Von der Heydt-Museum vorgestellt.


Franz Roh, Akt o.T.  1922
 
Mittlerweile umfaßt die Sammlung etwa 900 Abzüge, von denen 100 in dieser Ausstellung gezeigt werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Wuppertaler Fotografen wie u.a. Rolf Löckmann, Georg Janthur, Guido Jendritzko, Holger Mühlenbeck, K.H.W. Steckelings und Björn Ueberholz. Die Werke wurden aus den zahlreichen Ausstellungen im Von der Heydt-Museum oder in der Barmer Kunsthalle erworben, andere Ankäufe stammen aus Galerieausstellungen oder kamen als Geschenke der Künstler hinzu. Gut vertreten sind Porträtfotografen. Künstler wie Hugo Erfurth, August Sander, Ingrid von Kruse und Nicole Aders porträtierten bekannte Persönlichkeiten: Maler, Bildhauer und andere Kulturschaffende der Wuppertaler Gesellschaft.
Interessant zu verfolgen ist überdies die Entwicklung der Natur- und Architekturfotografie, die die Experimente der 1920er Jahre heute mit modernen technischen Mitteln verbindet. Die Detailgenauigkeit des Kamera-Auges und die Möglichkeiten der extremen Perspektive hatten schon die Künstler der Neuen Sachlichkeit und des „Neuen Sehens” dahin geführt, die Wirklichkeit in abstrakte Formbilder zu verwandeln oder die spezifische Atmosphäre eines Ortes ansichtig zu machen. Karl Blossfeldt, Eugen Batz sowie Bernd und Hilla Becher sind hier zu nennen. Mit den 1970er Jahren kommt als neue Funktion der Kunstfotografie die Aufzeichnung von Aktionen und Performances hinzu. Mit Klaus Rinke und Guido Jendritzko zeigt die Von der Heydt-Kunsthalle prominente Vertreter. Die fünf Räume der Ausstellung konzentrieren sich mit einer Auswahl aus der umfangreichen Sammlung auf die Themenkreise „Porträts", „Architektur”, „ Experimente und Strukturen", „Konzeptuel|e Programme” und „Neue Wege".


  Karl Blossfeldt, Urformen der Kunst I 02
 
Eröffnung: Freitag, 9. Juni 2017, 19 Uhr
Von der Heydt-Kunsthalle, Geschwister-Scholl-Platz 4-6, 42275 Wuppertal-Barmen. Öffnungszeiten: Di-So 11-18 Uhr, Mo geschlossen www.von-der-hevdt-kunsthalle.de
 
Einen eigenen Katalog zur aktuellen Ausstellung gibt es nicht, jedoch wird ein vorzüglicher Katalog des Von der Heydt-Museums einer Foto-Ausstellung aus dem 2003 zum Preis von 12,- € angeboten.
 
Weitere Informationen:  www.von-der-heydt-kunsthalle.de
 

In Betrachtung (außer Konkurrenz) . Foto © Frank Becker