Kino: Nach-geschaut (2011)

„Lachsfischen im Jemen“ von Lasse Hallström

von Renate Wagner

Lachsfischen im Jemen
(Salmon Fishing in the Yemen - GB 2011)

Regie: Lasse Hallström
Mit: Ewan McGregor, Emily Blunt, Kristin Scott Thomas, Amr Waked u.a.
 
Lachsfischen im Jemen? Unmöglich! Wem fällt ein solcher Schwachsinn ein?
Und genau das ist die Reaktion, die dieser Titel auslösen soll. Und genau darum geht es: Wie geht man mit einer evidenten Unmöglichkeit um, warum läßt man sich darauf ein? Lasse Hallström, der Schwede, der in Hollywood schon so viel Unterschiedliches gezeigt hat, liefert hier nach langer Pause wieder das Besondere.
Die Story ist so schräg, wie sie nur sein kann: Ein Fischereiexperte in einem britischen Ministerium, der bei seinem Nichtstun oder Wenig-Tum am liebsten nicht gestört werden will. Ein immens reicher Scheich, der zuhause im Jemen das tun will, was er von seinem Schloß in Schottland aus so gerne betreibt: Lachsfischen. Die Angestellte einer Anwaltskanzlei, die die schier ungeheuren Summen des Scheichs betreut, weshalb man selbstverständlich bereit ist, auch die exzentrischsten Wünsche zu erfüllen. Die PR-Chefin des britischen Premierministers, die positive Meldungen über den Nahen Osten lancieren muß. Und plötzlich auf die Idee kommt, die blödsinnige Idee vom Lachsfischen im Jemen würde sich hervorragend dafür eigenen.
Denn, das weiß nicht nur Hallström, das weiß die Welt: Wenn man viele Millionen von englischen Pfunden springen läßt, dann klemmt sich auch die Politik dahinter. Und dann wird das Unmögliche möglich gemacht. Um jeden Preis.
Der Geschichte liegt ein Roman zugrunde, und das Drehbuch schafft es, die vielen Elemente der Geschichte zu verweben. Selbstverständlich die private, romantische: der unglücklich verheiratete, fast autistische Fischexperte und die Scheich-Beauftragte, die meint, ihr Soldaten-Liebhaber sei in Afghanistan gefallen (großer Kummer beiderseits), bewegen sich sozusagen millimeterweise auf einander zu: Das ist ein ganz großes Kammerspiel, das Ewan McGregor und Emily Blunt hier liefern, beide keine Mainstream-Typen, aber zweifellos ganz besonders charismatische Schauspieler. Die satirisch-politische Ebene ruht hervorragend auf den zarten Schultern von Kristin Scott Thomas, die als intelligente PR-Dame gar nicht anders kann, als abgrundtief zynisch und, wenn nötig, auch abgrundtief fies zu sein. Sonst kann man einen solchen Job nicht ausüben. Wie sie die einzelnen Ministerien herumscheucht… man fragt sich, ob es wirklich bloß satirisch zu betrachten ist, oder ob es vielleicht genau so zugeht.
Und schließlich ist da noch die positive, gewissermaßen weltverbessernde Ebene: Der Scheich, um den es hier geht (überzeugend verkörpert von Amr Waked), möchte mit diesem Lachs-Projekt (mit unendlich viel Geld lassen sich mitten in der Wüste auch Staudämme bauen und Flüsse anlegen, die Lachse hinaufwandern können) seinem Land schlechtweg den Fortschritt bringen. Daß dies den konservativen Kräften nicht paßt, versteht sich, es gibt Widerstand – aber am Ende ist das allgemeine Happyend angesagt.
Man ist einer so seltsamen wie schrägen, so amüsanten wie oft berührenden Geschichte mit Interesse gefolgt. Ja, das ist ein Film für alle, die des Mainstreams müde sind.
 
 
Renate Wagner (2012)