Operettenfilme im Fernsehen der 70er Jahre (Teil 1)

Ein nur mäßig gelungener Versuch - betrachtet

von der Musenblätter-Redaktion

© Arthaus Musik
Operettenfilme im Fernsehen (1)
 
Ein nur mäßig gelungener Versuch
 
Als die Operette Ende der 1960er Jahre gegenüber dem Musical spürbar an Popularität verlor, unternahmen Produzenten des damals noch ausschließlich öffentlich rechtlichen Fernsehens den Versuch, in Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma UNITEL den angestaubten Stoffen durch spritzige TV-Neuinszenierungen, vor allem aber durch die Verpflichtung bekannter Namen aus Theater, Fernsehspiel und Musikbranche neue Attraktivität zu verleihen. Arthaus Musik hat sich knapp 50 Jahre danach des Themas angenommen und die Edition „Operetta Films“ aufgelegt. Übrigens: Wieso eigentlich dieser englische Titel und nicht „Operettenfilme“? Gesungen und gesprochen wird bei diesen deutschen Produktionen durchweg deutsch.
Die Fernsehausstrahlungen waren damals in Deutschland große Erfolge, schließlich konnte man seinerzeit nur ARD + 3. Programme und ZDF empfangen. Garanten für Einschaltzahlen waren auch die großen Namen von Sängern (Ingeborg Hallstein, Rudolf Schock, Harald Serafin, Maria Tiboldi, Tatjana Iwanow, Antonio Theba, Teresa Stratas, Johannes Heesters, Dagmar Koller u.a.) und bekannter Schauspieler und Kabarettisten. Hier hat man richtig tief in die Tasche gegriffen und einige der damals populärsten Künstler engagiert. Ich nenne nur: Ernst Stankovski, Jane Tilden, Ernst Waldbrunn, Peter Frankenfeld, Heinz Erhardt, Christiane Schröder, Uwe Friedrichsen, Beate Hasenau, Martin Jente, Horst Niendorf, Gerhart Lippert, Stefan Behrens, Ingrid van Bergen, Käte Jaenicke, Randolph Rose, Ulrich Beiger, Peter Kraus, Tillmann, Wolfgang Luckschy und Klaus Havenstein. 
 
Wir waren neugierig, wie das damals ausgesehen hat, vor allem wegen der Schauspiel-Stars jener Zeit (die sängerischen Leistungen sind ja unbestritten) und haben uns eine Auswahl angeschaut/angehört. Das Ergebnis ist aus heutiger Sicht vergleichsweise ernüchternd, wenn man auch interessanten Namen und einigen Schmankerln dabei begegnet. Schauen wir uns das in chronologischer Folge an.
 
Emmerich Kálmán - Die Zirkusprinzessin (1926)
Operettenfilm aus dem Jahr 1969, Libretto: Julius Brammer, Alfred Grünwald
Besetzung: Fedora: Ingeborg Hallstein - Mister X: Rudolf Schock – Mabel: Isy Orén - Toni Schlumberger: Peter Karner  - Carla Schlumberger: Jane Tilden – Pelikan: Ernst Waldbrunn – Adjutant: Fritz Korn – Pinelli: Peter Frankenfeld – Saskusin: Werner Abrolat – Gesellschafterin: Viola Wahlen
Sinfonieorchester Kurt Graunke, Musikalische Leitung: Werner Schmidt-Boelcke Emmerich
 
Zu den großen Erfolgenvon Emmerich Kálmán der „silbernen Operettenära“ gehört „Die Zirkusprinzessin“ (1926), die neben dem typischen Kálmán-Sound zwischen ungarischer Volksmusik und Wiener Walzer auch Elemente moderner Tanzmusik enthält. Sprache: deutsch - Untertitel: EN, FR - Bildformat: 4:3 - Format: DVD 9 / NTSC - FSK: 0
Laufzeit: 111 min
 
Kommentar: Dem Charme Ingeborg Hallsteins unterliegt alles andere dieser Fernseh-Inszenierung von Manfred R. Köhler, in welcher der bieder hausbackene Rudolf Schock als geheimnisvoller Mister X so gar nicht schneidig ist und von leider nicht genannten Zirkus-Artisten am Trapez gedoubelt wird. Wirkliche Kabinettstücke sind die viel zu kleinen Auftritte des einzigartigen Peter Frankenfeld als Zirkusdirektor, der Grand Dame Jane Tilden als Hotelbesitzerin und des unvergessenen Ernst Waldbrunn als Oberkellner. Alles in Allem recht unterhaltend. (ros)
 

Richard Heuberger – Der Opernball (1898)

© Arthaus Musik
Operettenfilm aus dem Jahr 1970, Libretto: Victor Léon, Heinrich von Waldberg
Bestzung: Toulouse-Lautrec: Ernst Stankovski - Angèle: Helen Mané – Paul: Harald Serafin – Marguérite: Maria Tiboldi – Georges: Maurice Besançon – Palmira: Tatjana Iwanow – Caesare: Heinz Erhardt – Hortense: Christiane Schröder – Henri: Uwe Friedrichsen – Feodora: Beate Hasenau – Philipp: Martin Jente – Jean: Benno Hoffmann – Claudine: Toxi
Sinfonieorchester Kurt Graunke, Musikalische Leitung Willy Mattes – Choreographie: William Milié
 
Richard Heuberger (1850–1914) entstammte einer wohlhabenden Grazer Bürgerfamilie. Die fein instrumentierte, farbenprächtige Operette „Der Opernball“ gilt als sein bekanntestes Werk, das 1898 in Wien uraufgeführt wurde. Es erzählt davon, wie zwei Frauen ihre Ehemänner mit einem Treuetest auf die Probe stellen, der aus dem Ruder läuft, weil das Kammermädchen Hortense sich einmischt. Es kommt zu Irrungen und Wirrungen rund um einen geheimnisvollen rosa Domino in den Chambres séparées des Opernballs.
Sprache: deutsch - Untertitel: EN, FR - Bildformat: 4:3 - Format: DVD 9 / NTSC - FSK: 0
Laufzeit: 100 min
 
Kommentar: Sieht man zu Anfang (und als Intermezzi) Ernst Stankovski als Maler Henri de Toulouse-Lautrec seinem zauberhaften Modell (Karin Heske) vom Pariser Opernball erzählen, kommt wirklich Hoffnung auf. Aber Eugen Yorks Inszenierung ist ansonsten an Peinlichkeit kaum zu überbieten, erlebt man den damals 26jährigen Charakterschauspieler Uwe Friedrichsen als „feschen“ Marinekadetten, dem man dann für seine Buffo-Rolle eine anonyme Tenor-Singstimme unterlegt und der gefragten Schauspielerin Christiane Schröder (28) als Zofe einen glänzenden anonymen Sopran. Ein bißchen Spaß bringen allenfalls Heinz Erhard, der zu dieser Zeit bereits den Zenit seines Schaffens mit den schrecklichen Willi-Filmen überschritten hatte und die forsche Beate Hasenau und die süße Toxi hinein. Und Freude machen die Choreographien von William Milié. Fernsehproduzent Martin Jente in seiner Running Gag-Rolle als steifer Séparée-Kellner reizt allenfalls zum Gähnen. Schlimm. (bec)

Weitere Informationen: www.arthaus-musik.com
 

Lesen Sie übermorgen, am 23.3., den zweiten Teil unseres Berichts.