Das bleibt beeindruckend in Erinnerung

„Fences“ von Denzel Washington

von Renate Wagner

Fences
(USA - 2016)

Regie: Denzel Washington
Mit: Denzel Washington, Viola Davis, Mykelti Williamson, Stephen Henderson, Russell Hornsby, Jovan Adepo u.a.
 
Es ist derzeit, man kann es nur wiederholen, die Zeit der starken „schwarzen“ Filme. Die Ära Obama ist zwar vorbei, aber man hat in ihren Ausläufern noch ein paar Filme gedreht, in denen sich die Afroamerikaner Amerikas ihrer eigenen Geschichte besinnen. Das kann auf politischer Ebene geschehen, aber durchaus auch auf privater, im Hinstellen individueller Schicksale. Daß dies im Fall von „Fences“ so stark ausfällt, liegt an dem Theaterstück, das dem Drehbuch zugrunde liegt: August Wilson (1945-2005), halb Afroamerikaner, halb deutsch-böhmischer Abstammung, hat damit sein Meisterwerk geschrieben, das ihn tatsächlich in die Nähe von Arthur Miller rückt.
1987 uraufgeführt, hatten Denzel Washington und Viola Davis 2010 bei einer Wiederaufnahme am Broadway in den Hauptrollen großen, preisgekrönten Erfolg, und da Wilson selbst ein Drehbuch zu seinem Stück geschrieben hat (wobei der Theatercharakter der Geschichte noch stark erhalten ist), entschloß sich Denzel Washington, damit auf die Leinwand zu gehen – nicht nur als Hauptdarsteller und Produzent, sondern zum dritten Mal als Regisseur (auch seine beiden vorangegangenen Filme hatten Probleme von Afroamerikanern behandelt). Und das Ergebnis ist eindrucksvoll genug, wenn auch gelegentlich die Dramaturgie-Maschine des „gut gemachten Stücks“ knarrt (aber das ist bei Arthur Miller und auch bei Eugene O’Neill genau so).
 
August Wilson zeichnet Alltagsmenschen, die sich durchs Leben kämpfen, die schwarze Unterschicht, hier in den Fünfziger Jahren in Pittsburgh. Die einzige Chance, ein besonderes Leben zu führen, hätte für Troy Maxson darin bestanden, in der Welt des Baseball zu reüssieren, aber er hat es nicht geschafft – eine grimmige Enttäuschung, die er immer mit sich herumtragen wird. Nun ist er Straßenreiniger, der versucht, auf seine Arbeit und vor allem auf sich selbst stolz zu sein. Als rauher Patriarch beherrscht er seine Familie – die Frau, die still und traurig vor sich hinlebt (eine verdiente „Oscar“-Nominierung für Viola Davis), der Sohn aus erster Ehe, Lyons (Russell Hornsby), ist in den Augen des Vaters ein Versager, weil er dem Traum nachhängt, Musiker zu sein, und der 18jährige Sohn Cory (Jovan Adepo) bekommt in seinem natürlichen Aufbegehren gegen den Vater dessen volles Patriarchen-Selbstbewußtsein geradezu brutal zu spüren.
Er ist kein angenehmer Mensch, dieser Troy Maxson, wenn ihm Denzel Washington vollmundig auch unwiderstehlich Kraft und ebenso Würde (in seiner ganzen Sturheit) verleiht. Die gewisse Trostlosigkeit des Milieus spiegelt sich auch in Troys tragischem, geistig lädiert aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrten Bruder (Mykelti Williamson) und seinem Freund und Arbeitskollegen Jim Bono (Stephen Henderson ist geradezu bezaubernd und darf Pointen setzen).
 
Als ob das Zusammentreffen dieser Persönlichkeiten auf dem ziemlich engen Raum von Troys Haus und Hinterhof noch nicht genügend Sprengstoff böte, gibt Troy seiner Frau gegenüber eines Tages zu, daß er eine Geliebte hat – und er mutet ihr noch mehr zu: Als diese stirbt, bringt er ihr das gemeinsame Kind mit ins Haus. Und tatsächlich erzieht sie dieses Mädchen wie eine eigene Tochter. Diesen Edelmut muß man glauben, und Viola Davis strahlt in Gestalt der einfachen Frau die ganze nötige menschliche Größe dafür aus.
Das Finale spielt, wie so oft im Theater, Jahre später – zu Troys Begräbnis kehrt Sohn Cory, nun beim Militär, heim, und natürlich gesteht man sich am Ende, wie sehr man einander, allen Schwierigkeiten zum Trotz, geliebt hat… und das zieht die Geschichte dann ja doch ins Schmalzige.
Doch die glänzenden Dialoge (gutes Theater!) tragen mit ihren Pointen und unterschwellig vermittelten Erkenntnissen den Film ebenso wie Denzel Washingtons Studie eines Mannes, der mit Stolz und Sturheit durchs Leben geht und dabei, wie die meisten Menschen, so viel falsch macht. Das bleibt beeindruckend in Erinnerung.
 
 
Renate Wagner