Personal Shopper
(Frankreich – 2016) Drehbuch und Regie: Olivier Assayas
Mit: Kristen Stewart, Lars Eidinger, Nora von Waldstätten u.a. Der Titel des Films führt in die Irre. Einen „Personal Trainer“ hat ja mittlerweile schon mancher Durchschnittsmensch (der legt im Fitness-Studio für ein paar erschwingliche Euro Hand an), aber ein „Personal Shopper“, was ist das eigentlich? Es klingt jedenfalls nach der Welt der Reichen und Schönen, nach „Sex and the City“ und Millionärsgattinen, New York, Glimmer, Glitzer.
Das ist es nicht, was Regisseur Olivier Assayas hier zeigt. Ja, offenbar gibt es Damen, die so reich sind, daß sie dauernd in den „Seitenblicken“ erscheinen (nein, nicht bei uns, schon in edleren Gefilden zwischen London und Paris), die immer hyper angezogen sein müssen, nicht nur Kleider, auch Schuhe, Taschen, Schmuck, alles passend, alles sagenhaft extrem und teuer, die aber gar keine Lust haben, diese Dinge selbst zu suchen und zu besorgen. Es reicht, wenn sie sie bezahlen.
Wer diese Kyra (Nora von Waldstätten) eigentlich ist, die von ihrer schlecht behandelten Shopperin Maureen ausstaffiert wird, erfährt man nicht. Wohl aber erlebt man, wie glanzlos und grenzenlos anstrengend das Leben ist, wenn man (daheim in Paris auf dem Moped, anderswo im Taxi) zwischen Luxusgeschäften hin- und herkurvt, Neues sucht und findet, dann auch Geliehenes bringt (mit dem Versprechen, es wird zurück gegeben – was tun, wen die „Herrin“ nicht daran denkt?). Kristen Stewart spielt diese Maureen mit leerer, angespannter, unglücklicher Miene, und sie weiß auch, daß es ihr – obwohl sie dieselbe Figur hätte – strengstens verboten ist, irgendeines dieser Glitzer- und Glamour-Stücke selbst zu probieren…
Hätte Olivier Assayas nur das inszeniert, angereichert durch einen undurchsichtigen Liebhaber, der von Kyra abserviert werden soll (Lars Eidinger), angereichert durch eine ungeheure „Stalker“-Handung, wo Maureen die ganzen Bahnfahrten von und nach Paris und London nur mit dem Unbekannten am Handy chattet, und ja, auch der Mord wäre noch einigermaßen logisch drin… Es wäre ein seltsamer, vielleicht toller Film gewesen (mit einer unheimlichen Szene, wo Marlene Dietrich das Hobellied aus Raimunds „Verschwender“ singt, ganz unwienerisch und dämonisch als Untermalung).
Aber Olivier Assayas war ein zweites Handlungselement wichtig – Maureen als Medium, Maureen, die ihrem toten Zwillingsbruder nachtrauert und unbedingt mit ihm in Kontakt treten will, Maureen auf Geisterjagd: Man sieht auch mal ein bißchen Aura, und fragt sich schon, was man damit anfangen soll.
Die unterschwellig präsentierte Kritik an einer gänzlich sinnlosen Kosumwelt versinkt in einer spiritistischen Kunstwelt, die kein intellektueller Kinobesucher (und in einen solchen Film gehen ja vordringlich diese) auch nur im entferntesten akzeptieren wird. Selbst wenn der Regisseur als Drehbuchautor da Ausflüge in die Geschichte macht und Autor Victor Hugo als Spiritisten outet. Der Film würde es nicht brauchen, er ist – zumal durch seine Hauptdarstellerin, der niemand mehr ihre „Twilight“-Vergangenheit vorwerfen wird – auch sonst stark genug.
Wie zwiespältig „Personal Shopper“ letztendlich ist, zeigen die Reaktionen – in Cannes bei der Vorführung ausgebuht, bekam Olivier Assayas dann doch zugestanden, der „beste Regisseur“ zu sein. Take your pick.
Renate Wagner
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