Frühe deutsche Künstlerkolonien

Ausstellung in Hamm erinnert an die Blütezeit der Künstlerkolonien

Red./Are/Bec

Karl Hagemeister, Sonnenaufgang am Schwielowsee

Frühe deutsche Künstlerkolonien
 
Eine Ausstellung in Hamm erinnert an die Blütezeit der
Künstlerkolonien und an ihre berühmtesten Malerinnen und Maler
 
Lieblingsorte – Künstlerkolonien. Von Worpswede bis Hiddensee“ ist der Titel einer Ausstellung, die im Gustav-Lübcke-Museum im westfälischen Hamm zu sehen ist. Die bis zum 21. Mai angesetzte Schau versammelt erstmals Eindrücke von  sieben Künstlerkolonien zu einem umfassenden Überblick. 
Der Fokus liegt dabei auf den Künstlerkolonien Norddeutschlands, da zu ihnen Worpswede gehörte, die bedeutendste unter ihnen. Hier wirkten u.a. Heinrich Vogler, Paula Modersohn-Becker, Otto Modersohn, Hans am Ende, Fritz Overbeck und Bernhard Hoetger. Im Vergleich mit sechs weiteren Kolonien, darunter bekannte wie Hiddensee und unbekannte wie Heikendorf, entsteht so ein Panorama der schönsten Motive. Rund 40 Maler mit insgesamt etwa 80 Bildern sind in der Ausstellung vertreten.
Voraussetzung für alle Koloniegründungen war übrigens die Erfindung der Farbtube. Ohne dieses einfache Hilfsmittel hätten die Freilichtmaler nicht mit ihren Staffeleien über Land ziehen können. Auch die geistige oder örtliche Nähe zur Großstadt mit ihren Kunsthochschulen, einem interessierten Publikum und Ausstellungsmöglichkeiten war für viele Kolonien wichtig. Die Blütezeit der meisten Künstlerkolonien ging mit dem Ersten Weltkrieg zu Ende, als sich durch die politischen Umbrüche neue Gesellschaftsformen etablierten.
Jede der sieben Malerkolonien aus der Ausstellung hat ihren eigenen Charakter: Die Worpsweder feierten mit ihren düsteren Moorlandschaften internationale Erfolge, die Schwaaner (Otto Dörr, Eduard Ehrke, Carl Malchin, Franz Bunke) besannen sich auf die Schönheit ihrer Heimatstadt. Hiddensee wurde ganz allgemein zum Treffpunkt von Künstlern (man denke an Gerhart Hauptmann, Asta Nielsen, Joachim Ringelnatz, Otto Gebühr, Hans Fallada und Käthe Kruse), und in besonderem Maße fanden Maler und Malerinnen wie Otto Mueller, Erich Heckel, Elisabeth Büchsel, Henni Lehmann oder Ivo Hauptmann dort eine Wirkstätte.

 
Bernhard Hoetger, Elberfelder Torso, 1905 - Foto © Frank Becker

Nidden (u.a. Ludwig Dettmann, Lovis Corinth, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff) faszinierte durch die wechselnden Eindrücke von Meer, Stadt und Dünen, der Expressionismus brach sich Bahn. In Ahrenshoop (u.a. Paul Müller-Kaempff, Fritz Grebe, Thuro Balzer, Friedrich Wachenhusen) wurde früh eine akademische Ausbildung möglich und der Ort auf dem Darß wurde deutschlandweit bekannt, während Heikendorf (Werner Lange, Georg Burmester, Rudolf Behrend, Oscar Droege) lange ein Geheimtip blieb. Die Havelländische Malerkolonie (Karl Hagemeister, Hans-Otto Gehrcke, Carl Schuch, Hans Wacker) schließlich versprach Erholung vom Großstadtleben, Bilder der Sommerfrische zeugen davon. 
Neben allen regionaltypischen Unterschieden gibt es dennoch Verbindendes: Bestimmte Faktoren haben die Gründung einer Künstlerkolonie begünstigt – die scheinbar unberührte Natur, wechselnde Lichtstimmungen, die Nähe zum Wasser, die Ruhe und Abgeschiedenheit, malerische Ausblicke.
Die Künstler, die sich dort niederließen, haben in den Kolonien ihre Lieblingsorte gefunden, die für ihr Werk prägend sein sollten. Ob Boote, Häuser, Bäume oder das Meer – die Lieblingsorte lieferten vielfach auch Lieblingsmotive. Viele der ehemaligen Künstlerkolonien sind heute touristische Ausflugsziele und damit Lieblingsorte der Besucher. 
Die Aussteller zitieren Paula Modersohn-Becker, die der Begeisterung stellvertretend Ausdruck verlieh, als sie über Worpswede schrieb: „Es ist ein Wunderland, ein Götterland!“


Paula Modersohn, Stilleben mit Kastanien - Foto © Frank Becker 
 
Die Ausstellung ist dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr sowie sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Kontakt: Gustav-Lübcke-Museum - Neue Bahnhofstr. 9 - 59065 Hamm - Tel: 02381 - 17-5714
 
Weitere Informationen:  www.museum-hamm.de
 
Redaktion, Recherche, Quellen: Frank Becker