"Die letzte Liebe des Monsieur Armand"

Hans Korte liest Françoise Dorners zauberhaften Roman

von Frank Becker

Titelzeichnung: Jean-Jacques Sempé
Ein Zipfelchen blauer Himmel...

Vor einigen Monaten habe ich ihnen
Françoise Dorners zauberhaften Roman "Die letzte Liebe des Monsieur Armand" vorstellen können. Nun hat Hans Korte das Buch wortgetreu und ausdrucksstark für den Diogenes Verlag gelesen, wie schon verschiedene Erfolgsromane zuvor. Sein charaktervolles Understatement macht den besonderen Genuß dieses wie seiner früheren Hörbücher aus. Die Hörbuch-Fassung füllt drei CDs mit insgesamt 185 Minuten Spieldauer.
Lesen sie zur Einstimmung noch einmal die Buchbesprechung, die im August 2007 in den Musenblättern erschienen ist.


"Das Leben, das ist doch nur ein Begriff, Pauline.
Man liebt Menschen, Tiere, Orte. Manchmal ist es ein Mensch, der unsere ganze Liebe beansprucht, und wenn man ihn verliert, gehen die Dinge, anders als man landläufig glaubt, trotzdem weiter ihren Gang. >Uns fehlt ein einziges Wesen<, sagt Giraudoux, >dabei wimmelt es um uns von Menschen.< Verstört sieht man sich von Statisten umgeben, man sucht Vergessen in der Einsamkeit, aber die Einsamkeit dörrt aus, anstatt zu erheitern."


Noch einmal lieben...

Der vom Leben enttäuschte Philosophielehrer Armand (70) ist der 20-jährigen Pauline begegnet, die mit
frischer Direktheit und jugendlicher Unbekümmertheit  längst verschüttete Gefühle in dem alten Herrn weckt. Der vereinsamte Witwer entdeckt noch einmal, was es heißt, Liebe zu fühlen und Zuneigung zu bekommen. Françoise Dorner hat sich mit sehr viel Delikatesse in einen alten Mann und in ein junges Mädchen hineingefühlt, die ihre Defizite - denn auch Pauline ist nicht ohne seelische Last - am anderen entdecken und mit ihm zu tilgen suchen. Doch auch die scheinbaren Randfiguren des kleinen Romans sind einfühlsam ausgearbeitet, gewinnen in der Auseinandersetzung mit Armand bewundernswerte Züge und entwickeln ihre Charaktere so unerwartet wie energisch.

So entzaubert die grantelnde Zugehfrau Liz Dune den "netten alten Herrn" indem sie ihm den Spiegel vorhält, beginnt Pauline ganz anders über sich selbst nachzudenken und tritt Armands Sohn Pierre nicht nur aus dem Schatten des Vaters. Paulines Auftauchen im Leben Armands, das dieser als "Ein Zipfelchen blauer Himmel..." empfindet, wird drei Generationen seiner Familie, sie selbst und einige andere verändern. Es wird Streit, Liebe,
Tod und wieder Liebe bringen. Françoise Dorner gelingt es elegant und klug, keines der Gefühle billig erscheinen zu lassen oder zu überhöhen. Sie beschreibt die "Grausamkeit der Jugend" ebenso unanstößig wie die Angst vor Gefühlen und vor Versagen. Mal als neutrale Betrachterin der Szene um Pauline, mal aus der Warte von Armand erzählt sie von einer letzten großen Liebe und der oft so tief verborgenen Wahrheit: "Seit ich Pauline kannte, entdeckte ich jeden Tag aufs neue, daß ich nicht gut und edel war. Aber ich fand mich immer besser damit ab."

"Die letzte Liebe des Monsieur Armand" ist ein wunderbares Buch über Liebe, Ängste und Mut, über Reinheit und Verstocktheit des Herzens, über die ermutigende und über die letzte Wahrheit. Es ist eine Liebesgeschichte, eine Vater-Sohn-Geschichte und wieder eine Liebesgeschichte, die so raffiniert aufgebaut ist, daß man aufgeregt liest - oder jetzt Hans Korte lauscht - um zu erfahren, ob sich ereignen wird, was sich andeutet.
Françoise Dorners kleiner philosophischer Roman steht ebenbürtig in einer Reihe mit Patrick Süskinds "Die Geschichte vom Herrn Sommer", Klaus Nonnemanns "Die sieben Briefe des Doktor Wambach" und Konrad Strauß´ "Windegger - oder eine Liebe im Herbst".  Eine Empfehlung. - Wiederum mein Tip: beim Hören das Buch mitlesen verschafft doppeltes Vergnügen.

Françoise Dorner
"Die letzte Liebe des Monsieur Armand", ein Diogenes Hörbuch, gelesen von Hans Korte. 3 CDs mit insgesamt 185 Minuten. 22,90 €