Strafverfolgung light?

Rainer Wendt – „Deutschland in Gefahr“

von Frank Becker

Strafverfolgung light?
 
Seine Kritik an der offensichtlichen Laschheit der deutschen Justiz im Umgang mit Straftätern, zumal solchen, die als Gäste und Hilfesuchende unser Land betreten haben, hat dem Polizeigewerkschafter Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) jüngst heftige Schelte des Deutschen Richterbundes eingebracht. Dessen Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn verstieg sich erbost sogar zu dem peinlich unqualifizierten Vergleich, Wendt übe sich in plumpem Populismus und gebe damit „der Donald Trump der deutschen Innenpolitik“. Das sieht mir nach einem verzweifelten um sich Treten aus, um von der eigenen Hilflosigkeit und Schwäche abzulenken.
 
Rainer Wendt, der in der jüngeren Vergangenheit durch etliche deutliche Aussagen in Interviews, Talkshows und Diskussionsrunden zu Mängeln in Innenpolitik und Justiz hervorgetreten ist, hat kürzlich unter dem kaum mißzuverstehenden Titel „Deutschland in Gefahr“ ein Buch veröffentlicht, das ohne Maulkorb die juristischen Realitäten in Deutschland beschreibt und beim Namen nennt. Der Praktiker, Hauptkommissar der Schutzpolizei und seit mehr als 40 Jahren im Polizeidienst, weiß wovon er spricht. Das wissen etliche Politiker und Richter offensichtlich nicht. Sonst würden Straftäter, die Dutzende von Vergehen auf ihrem Konto haben, reisende Einbrecherbanden, als Asylsuchende gekommene und die Gesetze und die Staatsgewalt hier für einen Witz haltende Serientäter nicht mit Samthandschuhen angefaßt und bis zum St. Nimmerleinstag auf freiem Fuß gelassen und letztlich mit gütigen Bewährungsstrafen verwöhnt werden.
Anlaß für die aktuelle Kontroverse war der Mordversuch an einer Frau, die vom Täter, einem Türken mit deutschem Paß, mit einem Strick um den Hals an seinen Wagen gebunden und hinter dem Auto durch Hameln geschleift worden war. Die schwerverletzte Frau starb nur deshalb nicht sofort, weil der Strick sich nach einigen hundert Metern löste. Lebensgefahr besteht dennoch. Der Täter wurde von der Polizei festgenommen, aber noch am selben Tag von einem Richter wieder freigelassen. Zwar wurde der Täter zwei Tage später erneut verhaftet, aber der Vorgang ist signifikant.
 
Rainer Wendt beschreibt in seinem Buch Versäumnisse, die dazu führten, daß Täter heutzutage häufig besseren Schutz genießen als die Opfer. Er erklärt, warum der Staat sich bei der Bekämpfung von Parksündern stark macht, ja aufplustert, aber im Kampf gegen Vergewaltiger, Totschläger oder andere Schwerkriminelle schwach bleibt. Außerdem nimmt er die Politik ins Visier, die nie vorausschauend handelt, sondern immer erst dann einschreitet, wenn die Probleme unübersehbar geworden sind – etwa dann, wenn bereits 1,5 Millionen Schutzsuchende ins Land gekommen sind und niemand mehr eine Übersicht, geschweige denn Kontrolle darüber hat. Wendt sagt in seinem Buch klar und deutlich, was sich ändern muß, damit wir weiterhin in einem so wohlhabenden, sicheren und freien Land leben können. Man kann über den Stil des offenbar in großer, ehrlicher Empörung geschrieben Buches geteilter Ansicht sein, die Wahrheit sagt es allemal.
 
Ein schwacher Staat, der selbst die zunehmende Gewalt gegen seine Polizeibeamten weder in den Griff bekommt, noch rasch und hart bestraft, kann die Menschen nicht schützen, die in Frieden in seinen Grenzen leben möchten - nicht die Deutschen und nicht ihre eingewanderten wohlmeinenden Mitbürger. Das entsetzliche Politiker-Geschwätz von „der ganzen Härte des Gesetzes“, die dann in Bewährung und Streicheleinheiten abebbt, ist einfach nicht mehr zu ertragen. Innere Sicherheit braucht Stärke, sonst gibt es keine Sicherheit, ist Rainer Wendt überzeugt – und mit ihm seine Polizeikollegen, die täglich die Fehler von Justiz und Politik ausbaden müssen.
Aber machen Sie das mal einem Politiker (zumal der sog. „Opposition“) oder einem der hier angesprochenen Richter klar. Wird schwer werden. Bis es zu spät ist.
 
 
Rainer Wendt – „Deutschland in Gefahr“
Wie ein schwacher Staat unsere Sicherheit aufs Spiel setzt
© 2016 riva Verlag, 189 Seiten, Hardcover  -  ISBN: 978-3-86883-476-5
19,99 €
 
Weitere Informationen:  https://www.m-vg.de