Edgar Degas und Auguste Rodin

Eine Führung durch die Wuppertaler Ausstellung - Kapitel 8

von Gerhard Finckh

Edgar Degas, Tänzerinnen (Positionen) - Foto © Frank Becker

Edgar Degas und Auguste Rodin
Wettlauf der Giganten zur Moderne

25. Oktober 2016 – 26. Februar 2017
im Von der Heydt-Museum Wuppertal

B
is zum 26. Februar 2017 zeigt das Von der Heydt-Museum in Wuppertal mit der Gegenüberstellung von Werken des Malers Edgar Degas und des Bildhauers Auguste Rodin die erste Ausstellung dieser Art überhaupt. Der Museumsdirektor und Kurator Dr. Gerhard Finkh führt mit kurzen Kapiteln, die wir in den kommenden Wochen vorstellen, in die Chronologie der Ausstellung ein.

Kapitel 8 / Raum 8
Edgar Degas und Auguste Rodin
Die Tänzerinnen
 
Unmittelbar nach dem französisch-deutschen Krieg von 1870/71 erhielt Edgar Degas die offizielle Erlaubnis, sich während der Proben und Aufführungen in den Kulissen der Pariser Oper aufzuhalten, um von dort aus die Tänzerinnen zu beobachten und zu zeichnen.
Mitte der 70er Jahre begann er, aus Wachs oder Ton kleine Figuren von Tänzerinnen in den unterschiedlichsten Posen zu formen, die er jedoch – ausgenommen die „Kleine Tänzerin von 14 Jahren“ (1881) – nie öffentlich zeigte. In ihrer Abkehr vom klassizistischen Ideal der glatten, geschlossenen Oberfläche erweisen sich diese Kleinplastiken als Inbegriff einer „impressionistischen Plastik“; denn wie Rodin schuf auch Degas seine Figuren durch das Aneinanderkleben von kleinen Wachs- oder Tonklümpchen, wodurch eine unruhige Oberfläche entstand, deren Tiefen Schatten bergen und auf deren gewölbten Formen sich das Licht fängt. Die Tanzpositionen, die Degas – vor allem in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts – in seinen Statuetten vorführte, entsprechen dem Repertoire des „Klassischen Balletts“.
Rodin entdeckte den Tanz erst später für sich. Er hatte 1905 an der Opera Comique die Tänzerin Alda Moreno kennengelernt und setzte sich in der Folge intensiv mit den modernen, schon akrobatisch zu nennenden Posen des Ausdruckstanzes auseinander. Auch er schuf kleine Figuren von Tanzenden, die er als „Mouvement de danse“ bezeichnete, wobei sich zu den Einzelfiguren auch Paare gesellten und 1912 auch ein Portät des gefeierten russischen Tänzers Nijinsky in voller Bewegung.


Auguste Rodin, Tänzerinnen (Positionen) - Foto © Frank Becker

Wie die Tänzerinnen von Degas gibt auch das „modelé“, die nicht geglättete Oberfläche der Statuetten Rodins, die vibrierende Energie der Tanzbewegungen wieder. Zwar liegen zwischen der Entstehung der Tänzerinnen von Degas und denen von Rodin annähernd 30 Jahre und Rodin interessierte sich – abgesehen vom Ausdruckstanz – auch für die außereuropäische Tanzkultur, etwa Javas und Kambodschas, aber in ihrer neuartigen Oberflächengestaltung, ihrem „modelé“, das Rodin 1864 erstmals in seiner „Maske des Mannes mit der gebrochenen Nase“ erprobt hatte, in ihrer „impressionistischen“ Auffassung, sind sie vergleichbar.