Das Deutsche Reich und seine Kolonien

Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart

von Robert Sernatini

Das Deutsche Reich und seine Kolonien
 
„Alles Wissen, was ihr Europäer über Afrika zu haben glaubt,
stammt aus euren eigenen Quellen, weil schriftliche afrikanische
Überlieferungen fehlen.Die Wirklichkeit sieht anders aus.“
Jean-Pierre Mara
 
Obwohl das Deutsche Reich von 1884 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 eine der großen europäischen Kolonialmächte war, rückt die koloniale Vergangenheit in Deutschland erst seit wenigen Jahren zunehmend ins öffentliche Bewußtsein. Die Ausstellung des Deutschen Historischen Museums legt die koloniale Ideologie offen, die von einem europäischen Überlegenheitsdenken geprägt war. Die vielfältigen Herrschaftsbeziehungen reichten von lokal geprägten Allianzen und der Ausübung alltäglicher Gewalt bis hin zum Kolonialkrieg in Namibia, der in den Völkermord an den Herero mündete. Ebenso vielschichtig waren die kolonialen Begegnungen. In ihnen verfolgten afrikanische, ozeanische und deutsche Akteure ihre jeweiligen Ziele und loteten ihre Handlungsspielräume aus. Die Ausstellung beleuchtet die Motive der Missionare, Beamten, Militärs, Siedler oder Kaufleute auf deutscher Seite ebenso wie die Interessen der Kolonisierten. Sie wirft dabei die Frage auf, inwieweit die Perspektiven der Kolonisierten in der historischen Überlieferung berücksichtigt sind und inwiefern dies im Widerspruch steht zum schieren Umfang von Sammlungen und Archiven, die in der Kolonialzeit entstanden sind und die Machtverhältnisse stützten.
Das ausgeprägte koloniale Bewußtsein hielt auch nach 1919 an. Dieser kontroversen Erinnerung an die koloniale Vergangenheit gibt die Ausstellung Raum, während künstlerische und zivilgesellschaftliche Perspektiven Einblicke in die Gegenwart des deutschen Kolonialismus in den betroffenen Ländern und in Deutschland eröffnen.“ (Katalogtext/Red.)

 
Tropenhelm für Reichsbeamte, um 1900 - Foto: DHM
 
Der deutsche Traum vom Kolonialismus ist Thema einer großen Ausstellung im Deutschen Historischen Museum (DHM) Berlin. Tansania, Kamerun, Togo, Namibia, China, Samoa, Neuguinea - in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts baute auch Deutschland im Kielwasser der Briten und Franzosen ein weltweites Kolonialreich auf. Mit dem Untergang des Kaiserreichs nach dem Ersten Weltkrieg 1918 endete dieses Kapitel deutscher Hegemonialbestrebungen, deren grausames Aufflammen im sogenannten Dritten Reich mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch nachhaltiger zerschlagen wurde. Die Ausstellung und der uns vorliegende Katalog geben in brillant recherchierten Artikeln einen Überblick über die deutsche Kolonialgeschichte, zeigen Bilder und Dokumente wirtschaftliche Ausbeutung, der Hybris der Missionierung und der Bedeutung der Kolonien als vermeintliches „Tor zur Welt“.
 
 
Symbol des Scheiterns: Reichsflagge-an-einem-afrikanischen-Speer - Foto: DHM

Der Katalog:
Deutscher Kolonialismus - Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart
© 2016 Theiss Verlag / WBG 334 Seiten, 21 x 28 cm, geb. mit Schutzumschlag, etwa 220 Abbildungen, durchgehend vierfarbig  -  ISBN: 978-3-8062-3369-8
Preis: € 29,95[D]
Weitere Informationen: http://www.wbg-verlage.de
 
Ausstellung:
Deutscher Kolonialismus Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart
Deutsches Historisches Museum Berlin
14. Oktober 2016 bis 14. Mai 2017
Weitere Informationen:  https://www.dhm.de
 
Literatur:
Ottomar Beta – „Das Buch von unseren Kolonien“, 1908 Ferdinand Hitr & Sohn, Leipzig
Dr. W. Scheel - „Deutschlands Kolonien“, 1914 Verlag für Farbenphotographie Carl Weller
Joachim Zeller – „Koloniale Bilderwelten“, 2008 Christoph Links Verlag
Jean-Pierre Mara – „Oser les changements en Afrique, 2008 L´Harmattan, Paris
Joachim Zeller – „Weiße Blicke - Schwarze Körper“, 2010 Sutton Verlag