Notizen

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Harald Morsch
Notizen
 
1. Abgeschiedenheit und Stille: Also hier ist es so schön, da könnte glatt auch eine Bank stehn. In dieser Abgeschiedenheit und Stille ist es so schön, da könnte eine Bank stehn mit einem Tisch davor. So schön ist es hier in dieser Abgeschiedenheit und Stille, da könnte eine Bank stehn mit einem Tisch davor und dahinter könnte eine Imbißbude zu Frikadelle und Kartoffelsalat einladen. Und natürlich müßte davor auch noch ein Parkplatz sein für Busse, die Leute bringen, die die Abgeschiedenheit und die Stille genießen wollen. So schön ist es hier. Ein großes Hotel mit Swimmingpool könnte auch noch die Sinnsuchenden empfangen. Das Hotel Einsamkeit, daß bewußt Leute aufnimmt, die die Stille und die Abgeschiedenheit suchen. Aber hier müßte erstmal eine Bank stehn.

2. Die Kühe: Die Kühe bräuchten einen doppelt so langen Schwanz, um das Sommerungeziefer vertreiben zu können. Sich nur halb helfen zu können ist sicherlich sehr unbefriedigend, aber besser als gar nichts.
 
3. Das Gerücht: (Zwei Frauen sitzen im Bus. Sie schauen auf ihre Smartphones und kauen an ihren Fingernägeln) „Hast Du schon gehört, Erwin Grosche sucht eine neue Frau.“ (Eine Frau seufzt laut auf) „Nein, nicht nochmal. Ich war letztes Mal dran, nun muß sich jemand anderes opfern.“ (Beide Frauen verdrehen die Augen und schauen wieder auf ihre Smartphones) „Dann muß ich wohl in den sauren Apfel beißen. Warum hört das nie auf?“

4. Der Wandel der Welt: Laßt uns mehr trinken. Laßt uns im Rausch überlegen, wie der Wandel der Welt zu schaffen sein kann. Das Gefühl daran, wird uns auch am nächsten Tag, wenn wir mit schwerem Kopf in den grauen Alltag bewältigen müssen, begleiten. Nur die Betrunkenen kennen die Hoffnung und vergessen nicht diese Augenblicke, auch wenn sie ernüchtert vor den Scherbenhaufen ihres Lebens stehen. 
 
5. Enten: Ich glaube nicht, daß Enten im Entferntesten eine Ahnung davon haben, daß sie Enten sind. Vielleicht wissen noch die kleinen Enten von ihrer Bestimmung, aber auch nur, wenn sie unbeobachtet in ruhigen Gewässern paddeln.
 

© Erwin Grosche