Ein Gauklerleben in Liedern und Texten

Ernst Stankovski – „Es ist noch nicht so lange her“

von Frank Becker

Ein Gauklerleben in Liedern und Texten
 
Ernst Stankovski zieht eine künstlerische Bilanz
 
Ernst Stankovski (*1928 in Wien) ist jüngst 88 Jahre alt geworden – und er hat den Tag mit Ehefrau Anna Luise Schubert, wie für einen Wiener angemessen, entspannt im sonnigen Prater verbracht. Bereits vor zehn Jahren hat er ein Album herausgebracht, mit dem er in eigenen Texten und Melodien und in 18 Stationen – Chansons und Bühnenaufzeichnungen in Ausschnitten – quasi (s)ein Künstlerleben bilanziert. Schauspieler und Chansonnier ist er, Pianist und Komponist, Quizmaster und Kabarettist, ein Meister der Brettl-Kunst, der Großen Bühne, der Darstellung auf Leinwand und Bildschirm.
„…es ist noch nicht so lange her“. So empfinden wir es alle, die langsam aber unaufhaltsam „in die Jahre“ kommen. Und doch: die Welt hat sich unmerklich unter unseren Füßen gedreht, während wir gelebt und geliebt, gedarbt und genossen, gearbeitet und gezweifelt haben. Wir haben es nicht gemerkt – nun sind wir hier und jetzt. Ernst Stankovski hat zeitlebens darüber Lieder und Texte geschrieben, Chansons und Brettl-Lieder. Er hat sie vertont und sich selbst am Pianoforte oder der Gitarre dazu begleitet. Gelegentlich haben ihn Erwin Halletz und sein Orchester und ein paar andere Kollegen dabei unterstützt.
 
Auf Gerhard Bronners (1922-2007) Wiener Kleinkunstbühne der „Marietta-Bar“ hat er 1951 nach seinen Auftritten am Theater in der Josefstadt seine Brettl-Anfänge gehabt - in „Der Bronner in der Bar“ besungen. Bronner schreibt dem Freund dazu im Vorwort des Booklets zur CD ins Stammbuch: „Kennengelernt habe ich ihn als linkischen Nachwuchsschauspieler, der nach seinen Vorstellungen in meiner Bar Lieder mit Gitarrenbegleitung sang. Die Texte waren schlampig gereimt und sein Gitarrenspiel hatte bestenfalls Wandervogelqualität.“ Kenner wissen, welche Quantensprünge Stankovskis Spiel und Lyrik seither gemacht hat und welche Qualität sein Kabarett hat. Sein Kollege Hanns Dieter Hüsch (1925-2005) hat es ihm in einem berührenden, am Ende des Booklets abgedruckten Brief vom 23. Juni 1998 ins Stammbuch geschrieben.
Die Balladen Francois Villons, dessen Großes Testament hat er in genialen Übertragungen neu vorgelegt und ihnen in einem hinreißenden Bühnen-Solo landauf, landab neue Geltung verschafft, aber auch politisch Stellung genommen, Wienerlieder gesungen, den Schauspielerberuf amüsant karikiert und…, und… und. Bitteres und Heiteres, Melancholie und fröhliche Erinnerung Ernst Stankovskis mischen sich in „…es ist noch nicht so lange her“ zu einem amüsanten Kaleidoskop.
 
Die Tonqualität der Aufnahmen ist gelegentlich beklagenswert, sie wird jedoch durch ihre Einzigartigkeit aufgewogen. Ein schönes Booklet von beachtlichen 48 Seiten mit vielen raren Fotos aus der Schauspiel-Karriere Ernst Stankovskis und mit einer Vielzahl der aufgenommenen Texte liegt der CD bei. Wir empfehlen diesen Querschnitt durch fast 70 Jahre eines Künstlerlebens von Herzen.
 
Ernst Stankovski – „…es ist noch nicht so lange her“
© 2006 Kabarett Import – Mit einem Vorwort von Gerhard Bronner
Ernst Stankovski (Komposition, Text, Klavier, Gitarre, Vihuela, Gesang, Vortrag) + Orchester Erwin Halletz – Herwig Gratzer – Jürgen Knieper – Ernst August Quelle
 
Titel:
1. Der Bronner in der Bar 2:38 - 2. Die Wiener Mischung 1:07 - 3. Die verpaßte Gelegenheit (für Milva 1972) 4:37 - 4. Schwabing (64) 4:00 - 5. Bla-bla-bla 2:50 - 6. Rondeau an den Tod (Villon) 1:32 - 7. Die Schauspielerin XY 3:49 - 8. Schon kündet sich Vergessen an 2:27 - 9. Das Vitrinerl 4:02 - 10. Ja, unsere Buam 2:24 - 11. Ich bin normal (für „Entainer“ John Osborne) 2:07 - 12. Die Lesung 19:33 - 13. Die Koriphäe2:22 - 14. Sprechübungen 4:36 - 15. Biermanns Gitarre 5:04 - 16. Hepp, ich bin der Harlekin 3:22 - 17. Ich möchte heim 4:31 - 18. Es ist noch nicht so lange her 1:00
Gesamtzeit:  1:12:10


Ernst Stankovski 2011 - Foto © Manfred Werner
 
Weitere Informationen: www.epro-entertainment.at  und  www.ernst-stankovski.com