Der Iran von heute

„Rote Rüben in Teheran“ – von Houchang Allahyari und Tom-Dariusch Allahyari

von Renate Wagner


Rote Rüben in Teheran
(Österreich 2016)

Drehbuch und Regie: Houchang Allahyari und Tom-Dariusch Allahyari
 
Filmemacher Houchang Allahyari, einer „unserer Perser“ (wie auch Michael Niavarani), längst eingemeindet und Teil unserer Kultur, empfindet sich auch teilweise als Österreicher. Hat er doch seine Heimat seit fast einem halben Jahrhundert nicht mehr gesehen. Sein zur Hälfte „wienerischer“ Sohn mit dem Doppelnamen Tom-Dariusch war überhaupt noch nie in dem Land, aus dem sein Vater stammt.
Ein Filmfestival in Isfahan (wo man offenbar einen der Allahyari-Filme über Ute Bock gezeigt hat, genau wird das nicht gesagt) bot eine Einladung und die Möglichkeit des Wiedersehens bei dem einen, des Kennenlernens bei dem anderen (dessen Persisch – oder Farsi – nicht eben perfekt ist). Und weil beide Filmemacher sind, hatten sie bei dieser Begegnung, die sie nach Isfahan und dann nach Teheran führte, die Kamera dabei.
 
Die roten Rüben in Teheran, die so wirkungsvoll und unerklärt im Titel des Films stehen, beziehen sich darauf, daß dieses Gemüse offenbar als Süßigkeit auf den Straßen Teherans verkauft wurde und eine Leibspeise des kleinen Houchang war, zumal, wenn der Verkäufer sich einen so pompösen Namen wie „MGM“ gab. Denn von frühesten Kindesbeinen war der kleine Mann, der an der Hand der Oma ins Kino ging, besessen von der Kunstform des Films (sein Großvater hatte diese übrigens in Persien heimisch gemacht): Szenen mit dem kleinen Houchi mit Oma wurden nachgedreht, der Rest des Films ist schlichte Dokumentation einer Reise.
Zuerst also Isfahan, und weil man sich bei den einladenden Filmemachern auch bedanken mußte, werden viele von ihnen interviewt, was für den europäischen Zuseher nicht sonderlich interessant ist. Immerhin soll man wahrnehmen, daß die persische Filmwelt eine ist, in der sich auch Frauen bewegen und arbeiten können – es wirkt übrigens alles ziemlich friedlich und freundlich in diesem Film. Man sieht Synagogen und orthodoxe Kirchen, also geht es ja offenbar sehr tolerant zu. Der Iran von heute muß nicht befürchten, von den beiden Allahyaris kritisch beleuchtet zu werden. Das wäre auch zu unhöflich gewesen, wenn man schon eingeladen ist…
 
Was bietet der Film also? Besuche bei Verwandten, wobei in Gesprächen über alte Familiengeschichten auch nicht klar wird, warum Houchang, der als junger Mann wegging, nicht mehr zurück gekommen ist. Viele Straßenszenen, das, was auch Laien beim Spazierengehen in einem fremden Land filmen würden. Bunt durcheinander, um eine Struktur haben sich die Allahyaris offenbar absichtlich nicht bemüht, um einfach den Hauch der Echtheit zu erreichen. Der allerdings etwas flach bleibt.
Im Grunde gibt es nur eine Szene, die wirklich unter die Haut geht: Als sie bei den afghanischen Flüchtlingen landen, die hier offenbar niemand will (ein Mann, der zuhause in Kabul Lehrer war, muß hier auf der Straße Tee verkaufen). Und ein 13jähriger, der sich an kein positives Ereignis in seinem Leben erinnert, erzählt. Und auf einmal ist da die Perspektive der totalen Aussichtslosigkeit, die dem Betrachter den Hals zuschnürt.
Ein kleines Partikel in einem Film, der sonst so „privat“, fast beiläufig und ohne Standpunkt bleibt, daß es nur überraschen kann: Denn in seinen österreichischen Filmen hatte Allahyari immer etwas zu sagen.
 
Trailer   
 
Renate Wagner