Höchst unübersichtlich und nicht wirklich interessant

„Suicide Squad“ von David Ayer

von Renate Wagner

Suicide Squad
(USA – 2016)

Drehbuch und Regie: David Ayer
Mit: Will Smith, Margot Robbie, Viola Davis, Jared Leto, Joel Kinnaman, Jai Courtney u.a.
 
Wieder einmal wild umstritten (die Social Media haben wohl nichts Besseres zu tun, als dauernd irgendwelche sinnlosen Shitstorms zu entfesseln) kommt der neueste Film aus den Comic-Welten zu uns: „Suicide Squad“.
Merke, entweder stammen die Helden aus dem Marvel-Kosmos (das sind dann die X Men, Captain America, Hulk, Iron Man, Thor, um nur einige zu nennen) oder sie kommen aus dem DC Comics-Stall, die zuletzt mit „ Batman vs. Superman“ gleich zwei ihrer Super-Super-Helden aufgeboten haben.
Nach genau diesem Prinzip akkumuliert „Suicide Squad“ Joker (Batman kommt quasi nur als Zitat vor) und Deadshot, Harley Quinn und Captain Boomerang, Enchantress und Killer Croc… offen gestanden werden sich hier nur Kenner der Materie wirklich locker umtun (wenngleich es vermutlich tausendmal mehr Fachleute für Comic-Figuren gibt als für Opern… oder?).
Das macht die Sache für diejenigen, die eben von Zeit zu Zeit ins Kino gehen und mit halbem Verständnis für den Figurenkosmos den einen oder anderen Film mit lebendig gewordenen Comicfiguren ansehen, nicht eben einfach. Man war ja gerade noch froh, den Batman-Geschichten zu folgen, aber was hier – wieder einmal in Gotham City – zusammen kommt, ist eine eigene Wissenschaft. Who is who und was kann er, auf welcher Seite steht er und wie böse ist er…
Mann o Mann. Da ist man direkt froh, wenn einer ein häßliches Schlangengesicht trägt (Adewale Akinnuoye-Agbaje als Killer Croc), dann kann man ihn nicht verwechseln. Ein Tattoo hilft auch bei der Identifikation (Jay Hernandez als Diablo), und wenn man eine schwertschwingende Japanerin ist (Karen Fukuhara als Katana), wird man auch nicht so leicht übersehen.
 
Also, das Extended Universe der Kinowelt, das immer mehr der bekannten Figuren zusammenstoppelt und in neue Abenteuer schickt, wird diesmal von einer geheimnisvollen coolen Lady geleitet – nach Merkel, May und hoffentlich bald Hillary sind die Ladies in Charge ja mittlerweile auch im wirklichen Leben angekommen. Wenn man sich recht erinnert, hat Viola Davis noch nie eine wirklich sympathische Figur gespielt, und sie tut es auch hier nicht. Die strenge Herrin auf hoher Ebene hat Feinde – und jede Menge von Bösewichtern im Gefängnis. Ihre Idee besteht nun darin, diese zu einem Selbstmordkommando zusammenzustellen und gegen die „Enchantress“ (Cara Delevingne) loszuschicken. Die fliegt mit ausgebreiteten Engelsflügeln und wirkt, offen gesagt, gar nicht so bedrohlich, aber was soll’s.
Denn die Bösewichte können es, wobei man bei Auftragskiller Deadshot schon wieder einen Einwand hat, wenn es erlaubt ist: Will Smith spielt ihn nämlich, der Mann ist (privat) bekannt kinderfreundlich, sein entzückendes kleines Töchterchen (Shailyn Pierre-Dixon) hat also auf den Killer großen Einfluß: Da trieft die Sentimentalität nur so, wenn sie zirpt: „Daddy, I love you, please don’t do this“. Wer würde da nicht schwach werden, wenn er auch der härtest gesottene Bösewicht ist? Papas Traum besteht jedenfalls darin, seiner Kleinen bei den Schulaufgaben zu helfen (was er am Ende ganz kurz darf…) – also, offen gestanden, das ist mehr Will Smith als großer Killer.
 
Wer „Joker“ sagt, denkt an das satanische Grinsen von Jack Nicholson einst, das wohl nicht zu übertreffen ist (selbst Heath Ledger tat sich schwer), aber Nebenrollen-„Oscar“-Preisträger (für „Dallas Buyers Club“) Jared Leto ist auch ganz schön schräg böse, hat aber in seiner grünhaarigen Exzentrik komischerweise keine besonders große Rolle bekommen.
Dafür blüht die Dame ihm zur Seite auf: Margot Robbie, die in „Tarzan“ noch in ganz engen Grenzen interessant war, holt diesmal alles aus ihrer Rolle – schon von den optischen Möglichkeiten her. Ist sie zu Beginn noch die unschuldsvolle Dr. Harleen F. Quinzel, die im Gefängnis dem miesen Joker ungebremst ins Netz geht, wird sie zum herrlich bösen Mädchen Harley Quinn – die frechen blonden Zöpfchen, die wild umränderten Augen, das bunt-schmutzige Gesicht, die kessen Hot Pants, die maliziöse Miene und der Mutwille, der rund um sie sprüht, machen sie zur amüsanten Queen dieses sonst eher unglückseligen Eintopfes, in dem sich auch noch Rick Flagg (Joel Kinnaman) und Captain Boomerang (Jai Courtney) umtun und manchmal Mühe haben, im allgemeinen Wirbel nicht verloren zu gehen, denn die Sache ist höchst unübersichtlich.
 
Dramaturgisch bietet dieser von David Ayer nach allen Regeln dieses Genres gemachte Film wiederum (man ist es ja eigentlich schon gewöhnt) das obligate Krawall-Szenario – es wird gekämpft, geprügelt, geschlossen, mit seltsamen Waffen agiert, mit Feuer und Stürmen hantiert, Pathos verströmt, und immer wieder alles in Schutt und Asche gelegt. Ein Gewalt-Patchwork, ohne Überblick und Übersicht und trotz einer Prise Humors nicht wirklich interessant.
Was soll’s, darauf sind diese Filme angelegt. Und am Ende ist die strenge Herrin gar nicht lieb. „We just saved the world, a thank you would be nice”, meinen die Herrschaften, landen aber, als sie nicht mehr gebraucht werden, gleich wieder im Knast. Aber man muß nicht einmal bis zum nächsten Film warten, damit das keine definitive Entscheidung ist – da flitzt doch Joker herbei und holt sich seine Harley: „Let’s go home“, verkündet er.
Also, Auf Wiedersehen. Fans des Genres wird erfreuen, daß am „Extended Universe“ bei DC schon auf Jahre voraus gearbeitet wird, an „Wonder Woman“, „Aquaman“ und vielem anderen mehr – und auch Harley Quinn soll einen eigenen Film bekommen…
 
 
Renate Wagner