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„Das Buch der Menschlichkeit“ von Dalai Lama

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Buddha bei die Fische, Teil II
 
„Das Buch der Menschlichkeit“
von Dalai Lama
 
Meine Damen und Herren!
Der 14. größte Spaßvogel vom Himalaja, unser süßer Dalai Lama, konnt's nicht lassen und hat wieder einen ultimativen Durchblick- und Erkenntnishammer auf den Weltmarkt geworfen:
„Das Buch der Menschlichkeit -
Eine neue Ethik für unsere Zeit“
!
Negative Existenzen wie Sie, meine Damen und Herren, werden
selbstverständlich sofort rumkrakeelen:
„Ommmmmmmmmmmmmmmm ....
OmmOmmOmmm! Un’ guten Tach!
Hallo, Dalai! Hallo wach!
Hammer Lama, hammer Hammer!
Hammer Durchblick, hammer Glück!
Hammer Dalai, hammer Meise,
Hammer hammerdicken Hammer-Tick!“

Ich aber sage:
OmmOmmOmm un‘ gute Nach‘!
Hammer Lama, simma wach!
Un‘ so kömma ma zitieren, hach!
ausm Klappentext vom „Lübbe-Verlag“:
„Niemand ist berufener als der Dalai Lama, anläßlich des Schritts ins neue Jahrtausend Perspektiven für ein erfülltes Leben aufzuzeigen.“ So, so. „Entstanden ist ein geistig-spiritueller Ratgeber, besonders für den westlich geprägten Menschen.“
Tja! Und das ist beileibe nicht göttergleich oder ratzingerhaft auf den Putz gehauen, wie wir es alle nur zu gut noch von Weltverbesserern wie Ralph Siegel, Pol Pot oder Norbert Blüm in Erinnerung haben. Denn an keiner Stelle in seiner „Menschlichkeit“ sitzt das Lama locker auf seiner Lama-Decke und behauptet störrisch und dogmatisch: ‚Das ist so, und das kann nicht anders!’, sondern rapunzelt 36 mal „Ich könnte mir vorstellen“, 185 mal „meiner Meinung nach“, 68 mal „Da bin ich mir nicht sicher“, 69 mal „würde aber glauben“ und 99 mal „sehr wahrscheinlich“.
Zum Beispiel:
„Ich stamme aus Tibet, während die meisten von Ihnen sehr wahrscheinlich keine Tibeter sind.“
Und das ist sehr wahrscheinlich nicht nur richtig beobachtet, das erklärt auch so manches. Meine Damen und Herren! Kennen Sie einen beschei­deneren Menschen als Seine Bescheidenheit, den heiligen Dalai Lama? Und wenn ich sage ‚bescheiden’, dann meine ich auch bescheiden. Eine Bescheidenheit, die er nicht nur in einer sehr menschlichen, retardierten Sprachkunst zum Ausdruck bringt, mit einem beeindruckend restringier­ten Code, der einer frühkindlichen Traumatisierung durch jahrelangen Mantra-Terror geschuldet ist. Auch seine optische Bescheidenheit ist Wesen und Ziel, Weg und Marke zugleich: plattgelatschte Lauf-Lern-Schühchen von Salamander, Hemdchen ohne Ärmelchen und Brille von einer obskuren tibetanischen Ortskrankenkasse.
Meine Damen und Herren!
Jeder Autor – und wenn er noch so pillepalle un’ rama-dharma im Kopp is’ – hat wenigstens einen Satz im Repertoire, der dem Bücherfreund zu denken gibt. Bei mir war es dieser:
„Hüte dich davor, einen Kuhschädel auf einen Schafskörper zu setzen – und umgekehrt.“ Okay! Daß man normal keinen Kuhschädel auf einen Schafskörper setzen tut, das wußte ich vorher. Säh ja auch sehr wahrscheinlich irgendwie dämlich aus. Nein, ich meine dieses „und umgekehrt“! Einen Schafskörper auf einen Kuhschädel setzen! Wer tut so was?! Warum wird so was gemacht? Und wie macht man so was überhaupt? Ganz abgesehen davon, daß auch das sehr wahrscheinlich ziemlich albern aussäh. Ach, is auch egal.

Meine Damen und Herren!
Kurz zwischendurch, damit Sie nicht dauernd denken: ‚Verdammt noch mal, worum geht’s denn in dieser Schwarte eigentlich?!‘ Also: Im diesem „Buch der Menschlichkeit“ geht es permanent nur darum, wie Seite 10: „wie man wahres Glück findet und Leiden vermeidet.“ Oder wie 2 Seiten weiter: „Ich sagte, dass wir alle von Natur aus nach Glück streben und Leid zu vermeiden suchen.“ Oder wie 1 Seite danach: „Schon von Geburt an versucht jeder Mensch, Leid zu vermeiden und nach Glück zu streben.“ Oder wie 3 volle Seiten danach: „Ich glaube, dass uns 2 große Ziele eigen sind: Nach Glück zu streben und Leid zu vermeiden.“
Variationen dieser umwerfenden Erkenntnis muß man in dem Ding hier dermaßen oft lesen, daß man, wenn man vorher relativ gesund war, danach auf jeden Fall ein Leiden hat, und zwar ein ziemlich dickes.

Meine Damen und Herren!
Der Dalai Lama ist nach einer akuten Umfrage bei der westlich geprägten Jugend das Vorbild Nr.1, noch vor der toten Mutter Teresa. Wenn Sie also die heutige Jugend verstehen wollen ... so komm ich nicht umhin, noch ein wenig weiter zu zitieren:
„Lassen Sie uns über das Wesen des Glücks nachdenken. Als erstes ist festzustellen, dass es sich dabei meiner Meinung nach um eine relative Qualität handelt. Die meisten von uns würden entsetzlich darunter leiden, den Rest ihres Lebens im Gefängnis verbringen zu müssen …” An der Stelle hab ich mich gefragt: Woher weiß der Onkel das alles?! Aber der Onkel weiß noch viel, viel mehr: „Doch ein Krimineller, dem die Todes­strafe droht, wäre wahrscheinlich sehr glücklich darüber, wenn sein Urteil in ein ‚Lebenslänglich’ umgewandelt würde.“ Ja. Sehr wahrscheinlich.
Sorry, liebe westlich geprägte Jugend, aber was findet ihr eigentlich an so ’ner delirierenden Nasenpfeife aus’m Yeti-Land so interessant? Hey! Unser Bundesbruder Joachim Gauck hat doch dieses hirnauflösende Gerede mindestens genauso drauf, wenn nich sogar 10 mal besser.
Und der darf sogar pimpern! Obwohl man sich das gar nicht vorstellen möchte.

Na, egal, Bücher sollen Freude bereiten. Lesen soll Spaß machen. Und als Spaßmacher ist der hl. Scherzkeks vom Dach der Welt mittlerweile bis in den hinterletzten Erdwinkel bekannt wie'n bunter Schneekuckuck. Diesen Ruhm zu mehren, war wohl des Lamas vorrangigstes Ziel. Zumindest, wenn man sich seine urkomischen, sog. tiefgründigen Anekdoten anguckt. Z.B. die folgende tiefgründige Anekdote, mit der das tiefgründige Lama sein tiefgründiges Mitgefühl zu allen möglichen andern Lebewesen ziemlich tiefgründig darstellt. Natürlich mit seinem kleinen, weltberühmten tiefgründigen Schalk im Nacken. Achtung:
„Ich erinnere mich noch sehr gut an die Lektion, die ich als kleiner Junge in Tibet gelernt hatte. Kenrab Tenzin, einer meiner sehr tiefgründigen Betreuer, hatte einen kleinen Papagei als Haustier, den er mit Nüssen zu füttern pflegte. Obwohl er ein strenger Mann mit hervorquellenden Augen und in gewisser Weise abschreckendem Äußerem war, zeigte dieser Papagei Anzeichen freudiger Erregung, sobald er nur dessen Schritte oder auch nur sein Husten vernahm …“ (hüstel, hüstel) Als ob nem Papagei dat Aussehen von so nem Heiopei nich meilenweit anner Bürzeldrüse vorbeigehen würde! Egal. „Während der Vogel ihm aus der Hand fraß, kraulte Kenrab Tenzin ihm den Kopf, was den kleinen Papagei geradezu in Verzückung versetzte.“ So! Und jetzt kommt’s! „Ich war sehr eifersüchtig auf diese Freundschaft und wollte, daß der Vogel mir auch solche Zuneigung entgegenbringen sollte. Doch als ich ein paarmal selbst versuchte, ihn zu füttern, reagierte er nicht gerade freundlich. Also piekste ich ihn mit einem Stock. Aber das war natürlich völlig falsch.“
Na ja, vielleicht hatte er ihn ja nur an der falschen Stelle gepiekst! Womöglich sogar mitten in die Bürzeldrüse rein. Und so was mögen auch so tibetanische Bürzeldrüsenpapageien nicht gerne leiden. Aber die Quintessenz is ne ganz andere:
„So lernte ich, daß Freundschaften nicht unter Druck entstehen, sondern nur als Folge von tiefgründigem Mitgefühl.“

Meine Damen und Herren!
Papageien pieksen!
Kleine, harmlose Papageien!
Die einem nich‘ mal was getan haben!
Mit Stöcken pieksen!
Was soll man denn davon halten?!
Der Dalai Lama sagt hier ja nicht, wie alt er da wirklich war, als das passierte. Mit 4 war er jedenfalls schon das geistige Haupt sämtlicher Tibeter. Und als er den Papagei piekste, da war er mindestens schon 5!
Ich mein nur:
Wenn das geistige Oberhaupt sämtlicher tibetanischen Tibetaner kleine Papageien piekst, nur weil es eifersüchtig ist auf einen häßlichen, alten, tiefgründigen Glatzenheini mit – von mir aus auch - hervorquellenden Glubschaugen ... ja, da will man doch gar nicht mehr wissen, was in der heutigen Zeit sonst noch alles passieren kann!
Aber wie tiefgründelt schon Herr Dalai, das älter gewordene Lama:
„Je mehr wir unsere Fähigkeit entwickeln, tolerant zu sein, desto toleranter werden wir.“
Potzblitz!
Ein Geisteshammer, der es in sich hat!

Jul. 2002