Ein Plan, der nicht aufgeht

„Maggie’s Plan“ von Rebecca Miller

von Renate Wagner

Maggie’s Plan
(USA – 2015)

Regie: Rebecca Miller
Mit: Greta Gerwig, Julianne Moore, Ethan Hawke, Travis Fimmel u.a.
 
Maggie ist nicht eine Annie Hall von Woody Allens Gnaden, wenngleich die Filmemacher vermutlich für einen solchen, auf Augenhöhe gemeinten Vergleich dem Gott der Filmkritik viele Opfer bringen würden. Immerhin geht es in diesem Film von Rebecca Miller, Tochter des großen Arthur Miller, um New Yorker Intellektuelle, die sehr viel klug schwätzen, die meinen, sie könnten ihre Leben perfekt durchplanen – und die an den Trivialitäten des Alltags und der eigenen, dauernd selbst bespiegelten Gefühlswelt nach allen Regeln der Kunst scheitern. Eine Komödie, wenn auch keine, die sich im Ranking besonderer Filme einschleichen kann.
 
Liegt es daran, daß Hauptdarstellerin Greta Gerwig ein so trivial durchschnittlicher Typ ist, keine Spur dessen, einst was Diane Keaton oder Mia Farrow für Woody Allen geleistet haben? Daß sie vom konventionellen Weg abweicht, ist von ihrer Ausstrahlung her schon unwahrscheinlich. Doch sie kommt uns als etwas verschrobene Universitätsdozentin entgegen, die ihre biologische Uhr ticken hört und beschließt, per künstlicher Befruchtung ein Kind zu bekommen – obwohl der erwählte Vater, ein sympathischer, im Berufsleben tüchtiger (mit Gurken handelnder), wenn auch nicht sonderlich intellektueller Freund namens Guy (Travis Fimmel) gerne bereit wäre, auf „normale“ Art und Weise zur Verfügung zu stehen. Aber das wäre für Maggie wohl zu simpel, bis…
… nun ja, bis der neue Professor kommt: John (Ethan Hawke zwischen versuchtem Softie- und Machotum pendelnd), der – wie so viele – am „großen amerikanischen Roman“ schreibt, eine Über-Drüber-Wahnsinnsfrau und zwei Kinder hat und entsprechend unglücklich ist. Er platzt bei Maggie nach kurzer Bekanntschaft herein, gerade, als sie den neumodischen Akt der Befruchtung in Eigenregie angehen will (Unternehmen Pipette), und – nun, man kann es sich vorstellen.
 
Kind, seine Scheidung, beider Hochzeit, und schon hat sie den Mann am Hals, der nur Rücksicht für sein großes literarisches Unternehmen verlangt und Maggie das eigene Kind und meist auch die zwei früheren auflastet, weil die Mama als große Wissenschaftlerin allseits gefragt ist.
Und keine Frage, ob Rebecca Miller (sie schrieb auch das Drehbuch nach einer vorliegenden Geschichte) die dramaturgische Verbiegung „passiert“ ist, ob die Darstellerin schuld ist, die sich der Film holt, oder was immer – jedenfalls fasziniert die funkelnde nun Ex-Gattin Georgette in Gestalt einer herrlich coolen (und dabei hintergründig selbstironischen) Julianne Moore mehr als alles andere an dem Film: Wie sie überkandidelt geistig in höheren Regionen der Selbstgefälligkeit schwebt, aber am Ende ganz erdverbunden zu handeln vermag, das macht ihr in diesem Film niemand nach. Und das, im Original, in irgendeinem skurril skandinavischen Akzent.
Maggie muß erkennen (und immer mehr amerikanische Filme sprechen es interessanterweise aus, ganz gegen die alte „Familienideologie“, die das Land so lange getragen hat), daß Mann und Kinder (so sehr man letztgenannten liebt, auch wenn sie lästig sind) mehr Müh und Plage als seelische Befriedigung sind. Daß sie infolgedessen jetzt ihre Lebenspläne darauf richtet, den Gatten, den sie als nutzlose Nervensäge erkannt hat, wieder an die Ex zurückzugeben, ist so weit ganz lustig, wenn auch nicht besonders originell, und Rebecca Miller geht sogar so weit, ein Happyend mit dem Gurkenmann (und die Möglichkeit, daß die künstliche Befruchtung ein paar Minuten vor der echten doch geklappt hat) vage in den Raum zu stellen…
Nein, so kann man die besten Woody-Allen-Filme nicht nachmachen. Das ist mehr gekünstelt als aus der Tiefe der neurotischen Intellektuellen- Seele geholt. Schade. Sind es doch diese Independent-Movies, von denen man sich immer das Besondere erhofft.
 
 
Renate Wagner