Grusel der hergebrachten Sorte

„Lights Out“ von David F. Sandberg

von Renate Wagner

Lights Out
(USA 2016)

Regie: David F. Sandberg
Mit: Teresa Palmer, Maria Bello, Gabriel Bateman, Alexander DiPersia, Alicia Vela-Bailey u.a.
 
Stell Dir vor, es geht das Licht aus, sag, was würdest Du da tun? Sicher nicht diese uralte Schlagerzeile singen, wenn man sich im Horrorfilm befindet. Dieser, „Lights Out“ betitelt, hat im Grunde nur eine besondere Idee: Erst wenn das Licht ausgeht, sieht man den Geist – beleuchtungstechnisch nicht so einfach. Und im übrigen muß man als Publikum wieder einmal bereit sein, wirklich daran zu glauben, daß Tote, die auf der Erde noch eine Rechnung offen haben, zu Rachefeldzügen gegen Lebende antreten. Was so neu auch nicht ist.
 
Also überrascht an „Lights Out“, diesem Film des erst 35jährigen Schweden David F. Sandberg, zuerst einmal der Erfolg. Da pumpt Hollywood hunderte Millionen von Dollars in Riesenprojekte, die dann stöhnend Mühe haben, auch nur einen Teil ihrer Entstehungskosten an der Kasse wieder hereinzuholen. Da macht ein Schwede, der bisher nur Kurzfilme drehte (darunter ein Probe-Short von „Lights Out“) ein Billigmovie mit Schauspielern aus der zweiten und dritten Reihe um weniger als 5 Millionen Dollar und spielt in kürzester Zeit mühelos das Zehnfache davon ein. Was eigentlich nur beweist, wie sehr Horror und damit das Transzendentale, das Metaphysische ein (seelisch unsicheres) Publikum von heute ansprechen. Anders ist der Erfolg eigentlich nicht zu erklären.
Wie üblich gibt es einen Prolog, der Normalität vorspiegelt: Eine Firma, wo gerade Büroschluß angesagt ist. Eine Angestellte sieht seltsame Schatten, wo keine sein dürften, der Chef (Billy Burke) will sich von ihren nervösen Andeutungen nicht stören lassen. Er würde es bereuen, wenn er es erlebte, denn kurz darauf ist er tot, was man so ganz genau nicht sieht – was im übrigen in der Folge das Geheimnis des mörderischen Schattens bleibt, der wie ein eckig-gelenkiger Scherenschnitt daherkommt: Man kann gar nicht so schnell schauen, da ist alles vorbei – wenn das Licht wieder kommt.
 
Nun wird man den Rest des mit 81 Minuten unüblich kurzen Films mit zerrütteten Seelen konfrontiert, der Familie des Ermordeten. Voran Rebecca, gespielt von der Australierin Teresa Palmer, die in der Hollywood-Hierarchie noch nicht weit nach vorne gelangt ist, aber – nicht nur des langen Blondhaares wegen – als Tochter von Maria Bello hervorragend gewählt ist: Die beiden sind einander so ähnlich, daß man sie gelegentlich fast verwechseln könnte. Diese Mutter namens Sophie, die außer Tochter Rebecca noch den kleinen, verängstigten Sohn Martin (der 11jährige Gabriel Bateman) hat, ist das von Seelenqualen bedrängte geistige Zentrum der Geschichte, in der – wie sich nach und nach herausstellt – eine in der Vergangenheit gequälte Freundin namens Diana mit ihren mörderischen Rachegelüsten von ihr Besitz ergriffen hat. (Glücklicherweise gibt es im Kino immer Kisten mit alten Fotos und Akten, mit denen man den Geheimnissen der Vergangenheit auf die Spur kommen kann.)
Die Geschichte, in der Rebeccas Boyfriend Bret (Alexander DiPersia) kaum eine andere Funktion hat als sich Sorgen zu machen, spielt sich nun zwischen Mutter, Tochter und Sohn ab, und ist im Grunde eher einförmig – das Licht soll nicht ausgehen, denn in der Dunkelheit erscheint das dürre Monster, und diese Diana (Alicia Vela-Bailey – nicht, daß man sie wirklich sehen würde) überfällt die Menschen mit bösartigsten Absichten (wenn es hell wird, ist sie weg). Außerdem schaltet sie immer wieder das Licht ab – natürlich helfen Taschenlampen und Kerzen auch nicht gegen übernatürliche, zumal so böse Mächte. Doch ist der im Film gebotene Grusel ganz von der hergebrachten Sorte.
Die ganze Liebe der Familie zu einander (in einem höchst dramatischen, schauspielerisch nicht eben subtilen Stil ausgedrückt) hilft nichts – da muß schon etwas ganz Schreckliches, gewissermaßen ein „Opfer“, stattfinden, damit es für die anderen möglicherweise eine Zukunft gibt.
 
Oder auch nicht. Denn wie Filme dieser Art eben sind, deuten sie immer gerne an, daß es keinesfalls ganz vorbei ist, wenn der Zuschauer nach Hause gehen darf…
 
 
Renate Wagner