Ein Tarzan aus der Routine-Produktion

„The Legend of Tarzan“ von David Yates

von Renate Wagner

The Legend of Tarzan
(USA 2016)

Regie: David Yates
Mit: Alexander Skarsgård, Margot Robbie, Christoph Waltz, Samuel L. Jackson, John Hurt u.a.
 
Wer den legendären Tarzan-Schrei hören und ihn noch dazu durch die Lianen schwingend sehen will, der muß warten – selten gibt es in dieser Neuverfilmung quasi verschämte Zitate des Klassikers. Ansonsten ist dieser Film ein Zeichen für erstens die politische Korrektheit unserer Zeit und zweitens dafür, daß alte Themen ausgequetscht werden, ohne daß man sie in eine wirklich spannende, attraktive neue Form bringt.
 
Immerhin – Afrika ist nach neuesten Erkenntnissen nicht mehr die mysteriöse Wunderwelt, die sich auf der Filmleinwand oft so gut ausgemacht hat, sondern (wer wird es leugnen) der ausgebeutete Kontinent. Wir Österreicher haben es gut, daß der Bösewicht im Dienste der belgischen Unterdrücker (der böse König Leopold II. tritt nicht auf, wird aber mehrfach erwähnt) im Kongo so schnell auftaucht und daß dieser Captain Leon Rom, im weißen Anzug, mit Hut und Schnauzbart, die Züge von Christoph Waltz trägt. Das macht die Sache für uns interessant, wenn er auch nicht im entferntesten an seine Tarantino-Charaktere heranreicht. Dazu ist der Zyniker, der immer mit seinem Rosenkranz klimpert (wetten, daß er auch beim Showdown dann eine Rolle spielen wird?), zu simpel und hergebracht in der Struktur. Der Böse eben. Und Tarzan ist der Gute, der Kämpfer für die Schwarzen, die Natur, für Afrika … für alles eben, was kämpfenswert ist.
Man erlebt ihn anfangs noch lange nicht im Urwald, sondern, wir erinnern uns: er ist ja mittlerweile Lord Greystoke. In London mit seiner Gattin, der bekannten Jane. Sehr elegant, wie man eben lebt im späten 19. Jahrhundert, wenn man reich ist. Nun müssen wir ihn in den Kongo zurückbringen, damit er für seine schwarzen Freunde den belgischen Ausbeutern etwas entgegen setzt. Natürlich kommt er zu Hilfe, als man vernimmt, daß schwarze Sklaven für die weißen Unterdrücker die Diamantenmienen plündern sollen (und wir sehen, wie blutrünstig und rücksichtslos die Belgier vorgehen – und die Briten sind ja bekannt dafür, daß sie in ihren Kolonien die Menschenrechte so sorglich behandelt haben…!).
 
Mit Gattin und dem amerikanischen Begleiter George Washington Williams (der Anti-Sklaverei-Kämpfer ist eine nicht sehr profilierte Rolle für Samuel L. Jackson, der vermutlich die nicht sehr starke Star-Power des Unternehmens aufputzen soll) fährt „Tarzan“ los in seine früheren Gefilde, nicht wissend, daß er selbst das Ziel alter Feinde ist, die sich mit Captain Rom verbündet haben.
Dieser ist nun in seinem Element – Jane und Tarzan entführen ist der simpelste Drehbuch-Effekt, halbe Dramatik am Boot, das den Fluß hinunter schippert. Die Dame darf allerlei Aktivität und Mut zeigen, die Ereignisse überstürzen sich, ohne daß sie überraschten, die Einheimischen spielen unterschiedliche Rollen zwischen Opfern und Tätern, und am Ende hilft kein Rosenkranz… aber man will wenigstens nicht verraten, welches Ende man sich Captain Rom ausgedacht hat, denn etwas Spannung muß sein.
 
Die Afrika-Kulisse dieses Films von Regisseur David Yates (der vier Mal für Harry Potter Regie führte) wurde in England aufgebaut – und das in einem Film, wo die Natur eine so große Rolle spielt (ein bißchen Natur hat man ohne Darsteller in Afrika dazu gefilmt und hinein geschnitten). Für den Rest (Tiere etc.) sorgte der Computer: Man denke, die Löwen, Affen, Elefanten, Nilpferde, Krokodile, nichts echt… Kein Wunder, daß dem Ganzen das Flair zu fehlen scheint.
Daß Alexander Skarsgård gut aussieht, wird niemand leugnen, der Mann war schließlich einmal Model und versteht seinen Körper in Szene zu setzen – ob er je so gut wird wie sein Vater, der charismatische Stellan Skarsgård, wagt man nicht, voraus zu sagen. Seine Jane, Margot Robbie, ist ein relativ neues Gesicht, agiert entschlossen. Wie wenig selbst ein Christoph Waltz zum Prickeln eines Films beitragen kann, wenn Rolle und Regie es nicht erlauben, wurde schon erwähnt.
Kurz, ein „Tarzan“ sollte doch etwas Besonderes sein. Das ist einfach Kino-Alltag aus der Routine-Produktion.
 
 
Renate Wagner