Modern Jazz von Rang

Georg Boeßner – „3 x 3“

von Frank Becker

Rhythmisch, elegant, entspannt
 
Dreimal drei ist neune, ihr wißt schon, was ich meine… Da das neue, abermals exzellente Album „3 x 3“ von Georg Boeßner keine neun Stücke präsentiert, bleibt der Titel kryptisch. Stellt man das Cover auf den Kopf, lies es sich „EXE“. Bringt auch nichts. Vielleicht sind ja die drei Schlagzeuger die Lösung? Egal, denn das sind nur Plänkeleien am Rande.
 
Hier zählen, wie von Georg Boeßner gewohnt, Zusammenstellung, Arrangement und Performance. Und die sind samt und sonders delikat. Vier Standards und vier neue Boeßner-Titel bilden eine ebenso klangvolle wie entspannte musikalische Einheit von knapp 50 Minuten, bei der die Protagonisten Boeßner (Klavier) und Alexander Sonntag (Kontrabaß) in perfekter Harmonie agieren. Wir kenne Sonntag ja auch als Bassist der Formation „Hotel Bossa Nova“ In Peter Gabriels „Mercy Street“ (1986) zaubert er sein erstes hinreißendes Solo, Boeßner antwortet fast tänzelnd beschwingt und verträumt im folgenden „Midnight Mood“ von Joe Zawinul, in dem auch Ingo Deul mit Besenwirbel „zu Wort“ kommt. Boeßner erweist danach dem vor zehn Jahren gestorbenen amerikanischen Kollegen John Hicks mit seiner feinsinnigen Interpretation von dessen „Naima´s Love Song“ Reverenz, während Sonntag die Position von Curtis Lundy und Thomas Rath die von Victor Lewis einnimmt.
 
Daß ein Stück von Miles Davis auch ohne Trompete funktioniert, zeigt „Nardis“ aus dem Jahr 1958, erneut mit dem in die Füße und Fingerspitzen gehenden Spiel von Sonntag am Kontrabaß. Mit „Do What U Wanna Do“ und David Meisenzahl an den Drums beginnt rhythmisch das Set von vier Boeßner-Stücken, die durchweg zum Fingerschnippen anregen und auf Augenhöhe mit den zuvor zitierten Altmeistern gute Laune machen. Das unter die Haut gehende Trio von Schlagzeug/Kontrabaß/Klavier erreicht bei 4:25 einen delikaten Höhepunkt – Genuß pur! Durchgeistigt, das englische „sophisticated“ trifft es noch eher, folgt „Space Lifting“; der in sanfter Melancholie gestrichene Baß leitet „Goodbye“, das verträumteste Stück dieses Albums ein - mein Lieblingsstück dieses Albums; fast sphärisch abgehoben macht „Volkshochschule“ mit einer Ensemble-Glanzleistung von Boeßner/Sonntag/Rath die Sache rund.
Ein brillantes, elegantes Modern-Jazz-Album, mit dem Georg Boeßner ein weiteres Mal seinen Rang als einer der Großen des deutschen Jazz markiert. Von den Musenblättern sehr empfohlen.
 
Georg Boeßner – „3 x 3“
© 2016 Georg Boeßner / Homefamily
Georg Boeßner (p) – Alexander Sonntag (b) – David Meisenzahl (dr – 1, 5, 6) – Ingo Deul (dr – 2, 4, 7) – Thomas Rath (dr – 3, 8)
 
Titel:
1. Mercy Street 8:18 – 2. Midnight Mood 4:06 – 3. Naima´s Love Song 6:13 – 4. Nardis 5:29 – 5. Do What U Wanna Do 6:00 – 6. Space Liftin´ 7:40 – 7. Goodbye 4:17 – 8. Volkshochschule 7:35
Gesamtzeit:  49:39
 
Weitere Informationen: www.georgbossner.de  -  www.homefamily.de