Von wirklich erschreckender Intensität

„The Conjuring 2“ von James Wan

von Renate Wagner

The Conjuring 2
(The Conjuring 2: The Enfield Poltergeist - USA 2015)

Regie: James Wan
Mit: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Madison Wolfe, Franka Potente, Simon McBurney u.a.
 
Wenn ein Film an den Kinokassen weit mehr als 100 Millionen Dollar einspielt, kann es für Hollywood nur eine Antwort geben: Fortsetzung! So gibt es, drei Jahre nach dem ersten Teil von „Conjuring“ (damals mit dem Seitentitel „Die Heimsuchung“), nun Teil 2, und auch dieser ist beim Startwochenende auf Anhieb an die Spitze der US-Charts gezischt. Das hat natürlich mit dem Thema zu tun – und der positiven Erinnerung daran, wie äußerst geschickt Regisseur James Wan (Australier chinesischer Abstammung) damit umgeht.
Das Thema: Da geht es nicht nur um den üblichen, vordergründigen Poltergeist-Horror oder um einen Aufguß des „Exorzisten“ (obwohl vieles daran erinnert). Ein Mann, der seine Tochter verloren hat und mit ihr nach „drüben“ kommunizieren will, aber wie jedermann von Zweifeln geplagt wird, spricht es aus: Vielleicht kann man ja doch „without the shadow of a doubt“, ohne einen Schatten des Zweifels, beweisen, daß „dort drüben“ ein Leben ist. Wenn Tote von Lebenden Besitz ergreifen und es sich nicht um Betrug handelt – wäre das der Beweis?
Helden des Films sind wieder die Warrens, die es wirklich gibt (Lorraine lebt noch), einst die berühmtesten Geisterjäger (allerdings nicht im ulkigen „Ghostbuster“-Sinn) der USA. Lorraine, die „psycic“ ist (also mit übersinnlichen Fähigkeiten), und ihr Mann, ein Psychologe, haben im vorigen Film einen Fall im Umkreis des „Amityville Horrors“ behandelt. Nun werden sie nach London geholt, wo eine Elfjährige Anzeichen von Besessenheit zeigt und oft Bedrohliches mit tiefer Männerstimme herausstößt, das einfach nicht aus diesem Teenager-Körper kommen kann.
 
Enfield ist ein Ort im Norden Londons, hier wohnen einfache, arme Leute, auch die allein erziehende Mutter Peggy mit ihren vier Kindern – drei davon von Schwester Janet weidlich erschreckt und dennoch an ihrer Seite (ein kleiner Bruder will sich einfach nicht von den bösen Mächten quälen lassen und tritt ihnen rührend-mutig entgegen, als im Haus alles herumfliegt…).
Die Warrens sind nicht die einzigen, die zu diesem Fall kommen, da gibt es Abgesandte der Kirche, da gibt es Zweifler, die nur Betrug wittern (da darf Franka Potente dabei sein, vom deutschen Superstar in Hollywood-Nebenrollen abgerutscht), und da ist eben Lorraine, die weiß, daß das kleine Mädchen niemandem etwas vormacht und daß da eine gewaltige böse Macht im Hintergrund lauert. Sie gewinnt ihr Vertrauen, aber wie bekämpft man das Böse?
Die Horrorfilmelemente werden von Regisseur James Wan so souverän beschworen, daß sie wie „echt“ und nicht wie die übliche Kino-Spekulation wirken, man hat auch keine Sekunde lang das Gefühl, daß man eskapistisch über das Ganze als „Blödsinn“ lachen möchte. Selbst, als es scheint, daß Janet (ganz hinreißend still und gequält, wenn sie nicht besessen ist: Madison Wolfe) doch nur eine gerissene Schauspielerin ist, glaubt man es nicht. Und man tut recht daran: Als die Warrens abreisen in der Meinung, einem Betrug aufgesessen zu sein, flüstert Janet ihren Geschwistern, „er“ hätte gedroht, ihre Familie umzubringen, wenn sie die beiden nicht los würde…
 
Natürlich kehren sie zurück, natürlich gibt es noch Exorzismus-gleiche Schocker-Szenen (wenn Janet etwa am Plafond klebt), und natürlich gibt es ein Happyend, und alles, was bis dahin geschieht, ist von wirklich erschreckender Intensität.
Von unserem heldenhaften Warren-Paar ist Patrick Wilson als nüchtern-freundlich-sympathischer Ed (selbst wenn er kitschig zur Gitarre greift und „Falling in Love with you“ singen muß) der angenehmere Teil. Vera Farmiga als Lorraine hat eine so triefende Anteilsmiene, ist so bedeutungsschwer und gütig, daß sie kaum auszuhalten ist. Aber es braucht ja wohl einen Gegenpol zu all dem Schrecken, der da evoziert wird. Und am Ende soll man als Kinobesucher wissen – das ist nicht Kintopp und Unsinn und Betrug, nein, das gibt es („nach einem wahren Fall“ steht auf der Leinwand). Und wer sich nicht auf Religion zurückziehen kann, für den wird es keine Erklärung geben.
 

Renate Wagner