Bestsellerfressen

„Was Deutschlands Prominente glauben“ von Hanno Gerwin

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Einfach unglaublich
 
„Was Deutschlands Prominente glauben“
von Hanno Gerwin
 
Liebe Leser!
Als ich den Titel zum 1. Mal sah, hab ich mich verlesen und gelesen: „Was Deutschlands Prominente alles so glauben“. Aber der Hanno, das ist nicht so einer. Der Hanno ist anders.
Der Hanno, meine Damen und Herren, also das ist ein ganz, ganz lieber. Der Hanno ist von Haus aus evangelischer Gottgelehrter, arbeitet aber auch viel als Journalist und hat einen lustigen Schnauzbart. Und jetzt, just in diesen Tagen, hat er, der Hanno, wieder ein Buch gemacht, ein Gesprächs­büchlein – ein Gesprächsbüchlein über Gott und so. Und dafür hat er „vorher mit ganz, ganz vielen Prominenten sehr inten­sive und persönliche Gespräche geführt“: Zum Beispiel mit dem Mola Adebisi und Ben Becker, mit Kai Diekmann, dem Chef- Theologen der christlichen BILD-Zeitung, mit Gotthilf Fischer und Joy Fleming, mit Fliege, Maffay, Messner und Franz Münte­fering, mit Schäuble, Schily, Schwarzer und Hella v. Sinnen, mit Wecker, Wenders, Westerwelle und Herman van Veen.
Das sind natürlich längst nicht alle, meine Damen und Herren. Die kom­plette Mischpoke lückenlos aneinandergereiht würden Sie auch gar nicht ertragen. Und die paar Gestalten reichen ja auch wohl, um zu ahnen, wohin die Reise geht, oder?

Doch womit soll’n wa anfangen? Mit Gotthilf Fischer? Okay. Gotthilf Fischer ist nicht schlecht. Also, Gotthilf Fischer! Und Hanno eröffnet den himmlischen Reigen:
„Herr Fischer, Sie wären beinahe bei Ihrer Geburt gestorben, tra­gen daher heute den Namen Gotthilf – und haben auch andere extreme Unfälle überstanden, daß man nur staunen kann. Ist es wahr geworden, daß der Name Sie beschützt hat?“ Und? Was meinen Sie, wat hat der Gotthilf darob gesagt? Nun, der Gotthilf hat gesagt: „Ja“, hat er gesagt. „Ich habe 3 Flugzeug­abstürze überlebt. Eine Ma­schine rollte auf dem Kennedy-Airport über die Piste ins Meer hinein. Da mußten wir herausgeschweißt werden“, uswusw. Dann isser noch mit einer Zweimotori­gen im brasilianischen Busch abgestürzt, und ein drittes Mal hatte er sich schon beim Starten überschlagen, „und, siehe da, es ist nichts passiert.“ Worauf Hanno, der Geheimagent Gottes, kombiniert: „Also kann man doch sagen, Sie sind nicht totzukrie­gen. Richtig?“
(Ich hätt' mich ja gar nicht getraut, das soo zu fragen! Na, egal.)
Jetzt war das dem hl. Hanno aber noch nicht genug. Doch in seinem Bedürfnis nach blankem Horror verkannte er, daß der blanke Horror schon längst vor ihm hockte. Und so kam es zu der unbedarften Frage: „Wovor haben Sie Angst?“ Darauf der Gotthilf, horribile dictu:
„Vor dummen Menschen. Die halten einen auf. Die machen alles kaputt, machen nervös und stören den Lauf der Dinge. Dumme Menschen sind gefährlich. Ich hab Angst davor, daß es irgendwann einen Krieg gibt durch dumme Menschen.“ Und der wird nicht lang auf sich warten lassen. Denn: „Denn die sind alle schon geboren.“ Ach, du Scheiße!
So weit der Gotthilf.

Apropos Krieg!
Krieg ist ja immer so ’ne Sache, zu der auch Barbara Rütting traditionell viel zu erzählen weiß. Barbara Rütting, die buddha-gedrehte Vollwertnudel und bay­rische Landtagsgrüne, Barbara, der Schrecken aller ehemaligen ato­maren Mittelstreckenraketen, Rütting, die so doof ist wie ihr eigenes Brot, ist im Grunde eher gottlos und unterzieht sich seit geraumer Zeit einer sog. „Lachtherapie“, was dann diese Auswirkung hat: „Ich glaube, daß zum Beispiel ein lachender Mensch nicht auf einen an­deren lachenden Menschen schießen kann. Darum halte ich Lachen durchaus für ein Mittel der Völkerverständigung“
ein netter Vorschlag einer ganz normalen Feld-, Wald- und Wiesen-Irren, ein Vorschlag, der sie am Ende des Gesprächs aber nicht davon abhält, vorher erst mal theoretisch die komplette Menschheit auszurotten: „Ich frage mich, wozu das ganze Leben stattfindet. Vielleicht sollte die Menschheit von der Erde ver­schwinden, damit sich die Natur endlich erholt“, während der ähnlich strammgestrickte Jesus­pantoffel Xavier Naidoo schon konkrete Ideen hat und vorbildlich direkt bei der eigenen Familie ansetzt: „Für Gott würde ich auch meine Mutter in die Wüste schicken.“

Und was fällt unsrem alten Ex-Innenminister Otto Schily zu Gott ein? Sonst zu allem und jedem immer eine allzeit klafter­große, egomane Riesenklappe, doch zu Gott nur Larifari: „Es fällt uns schwer, dazu eine Vorstellung zu bilden. Vielleicht können wir das auch gar nicht.“ Was heißt ’n hier ‚wir’? ‚Wir vom Innenministerium’? Na, egal.
Andererseits hat Schily als Anthroposoph und Waldorftrottel für andere Erscheinungen durchaus eine sehr feine Antenne und posaunt in die Welt hinaus: „Für mich sind Engel durchaus Realität.“ Engel? Hallo? Sogar für den Hanno war das ein Hammer. Deshalb hakte der ungläubige Hanno mit der konkretisie­renden Nachfrage hinterher: „Äh, wie? Schutzengel?“ Und Schutzmann Schily: „Ja, selbstverständlich. Selbstverständlich sind Schutzengel eine Realität.“ Und so was war mal Innenminister!
Unglaublich.

So, und nu, nach Old Shatterhand Schily, liebe Brüder & Schwestern, kommt, hallöchen die Tante Droll Guido Westerwelle! Hanno fragt: „Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?“ Und Guido Gaga­welle, piff-paff-puff, wie aus der Hüfte geschossen: „Ja, sicher.“ Hm. Irgendwie spürt man selbst beim Lesen, daß der Hanno damit nicht gerechnet hat. Irritiert will Hanno wissen: „Wie stellen Sie sich das denn vor?“ Und Guido, der freieste Geist unter den Außerirdischen: „Das muß ich mir nicht vorstellen.“ Aha. „Ich stell mir das nicht so vor, daß man auf einer Wolke sitzt und dann da so ein paar Putten hat, die vielleicht Trom­pete spielen oder Harfenklänge den ganzen Tag.“ Ach nee? Tschulligung, aber bei dir hätt’ ich jetzt ... egal. „Ich weiß nur, daß es das gibt.“ Ja, is klar. Aber jetzt weiß er es ja...

Liebe Leser,
mag ja sein, daß sich bei Ihnen nun der Ein­druck verfestigt hat, daß sich das Buch nicht lohne. Mir ging’s genauso. Jedoch nur bis zu dem Gespräch mit Franz Müntefering, dem alten Faxenmacher. Hanno an Münte: „Wie stellen Sie sich den Himmel vor?“ Münte an Hanno: „Ich behaupte immer, alle Sozialdemokraten kom­men da hin. Also treffe ich da auch alle wieder.“ Das war zwar nicht die Frage. Aber egal. Und weil der Hanno nun wirklich jedem Hauche einer Ironie abhold ist, bohrt er unbeirrt weiter: „Können Sie einer Vorstellung von Gott im Privaten und Politischen Platz einräumen oder ist das Ihnen zu abstrakt?“ ‚Wenn hier irgendwat abstrakt ist, dann bist du dat’, wird sich Münte wohl gedacht haben, und antwortete mit einem aufgeräumten Lächeln um seine sauerländischen Lippen: „Als ich ein kleiner Junge war, habe ich Gott in der Kirche kennen gelernt. Ich habe ihn als einen gütigen, vielleicht auch strengen Mann verstanden, etwa wie meinen Großvater. Mein Großvater hatte auch so einen schönen Bart.“
Der gesellige Theologe Hanno hatte noch 'n Vorwort zusammengebastelt. Und da steht: „Ich habe viele interessante Gespräche geführt, die mich persönlich sehr bereichert haben.“
Ja, und das wiederum woll’n wir ihm auch sehr gerne glauben. Das Buch kostet 19,95 €.
Halleluja und gute Nacht.

Aug. 2005