Ein Stück Architekturgeschichte

Kirsten & Nather - Wohn- und Fabrikationsgebäude zweier West-Berliner Architekten

von Frank Becker

Ein Stück Architekturgeschichte
 
„Damals trug der Architekt Schlips“
 
„Die Berliner Baugeschichte wäre ärmer ohne sie: Das Architekturbüro von Klaus Kirsten (1929–1999) und Heinz Nather (*1927) zeichnete verantwortlich für eine Reihe von individuellen, unkonventionellen Wohnbauten und baukünstlerisch herausragenden Fabrikationsgebäuden.“ Der Verlag Hatje Cantz bringt es auf den Punkt und nennt die Wiederentdeckung dieses Berliner Architektenteams der Nachkriegsmoderne zu Recht „eine Trouvaille“.
 
Eingebettet in knappe historische Abrisse öffnen die Herausgeber Daniela Brahm, Les Schliesser und ExRotaprint in themen- und zeitbezogenen Kapiteln dieses Schatzkästchen der Berliner und deutschen Nachkriegsarchitektur. Klaus Kirsten und Heinz Nather, stehen wie u.a. Niemeyer, Le Corbusier, Aalto, Gropius, Jacobsen oder Eiermann bei der Interbau 1957 im Berliner Hansaviertel für die vollständige Erneuerung der Architektur, das frische, äußerlich eher schlichte, jedoch großzügig lichte Denken der Gebäudeplanung nach dem Gigantismus des Dritten Reichs. Kirsten & Nather schlossen sich im Jahr der Interbau zu ihrem Architekturbüro zusammen, das bis 1997 tätig war. Wertvoller Berater und Zeitzeuge, weil einer der beiden Protagonisten, war bei dem Buch-Projekt Heinz Nather, der den Autoren in Interviews zur Verfügung stand und sie mit seinem Archiv-Bestand unterstützte.
 
Das auch dem Laien leicht zugängliche Buch gibt einen Überblick über das Gesamtwerk von Kirsten & Nather aus den entscheidenden 12 Jahren (1956-1967 + Annex bis Ende der 70er Jahre) und ordnet es in die bundesrepublikanische Nachkriegsmoderne ein. Auffällig und prominent herausgestellt sind ihre offen und hell gestalteten Wohngrundrisse der 1950er- und 1960er-Jahre sowie der Zweckbauten als frühe Beispiele für eine „Corporate Architecture“. Die vielen Abbildungen zeichnen weit über das Architektonisch-Bauliche hinaus ein hochinteressantes Zeitbild von Innenarchitektur, Design, Wohnkultur und Arbeitsalltag der 50er/60er Jahre.
Für die Wiederentdeckung der Architektur von Kirsten & Nather und für das wunderbare Buch verdienen Autoren und Verlag unsere Auszeichnung, den Musenkuß


Kirsten & Nather, Haus Nather - Foto © Kirsten und Nather
 
Kirsten & Nather - Wohn- und Fabrikationsgebäude zweier West-Berliner Architekten
Hrsg. Daniela Brahm, Les Schliesser / ExRotaprint, Texte von Frank Seehausen, Alexander Hoff, Gundula Lang, Elmar Kossel, Daniela Brahm, Les Schliesser, Thomas Steigenberger, Gestaltung von Daniela Brahm, Carsten Eisfeld
© 2016  Hatje Cantz, 272 Seiten, Halbleinen, Fadenheftung, 245 Abbildungen, 19,5 x 26,5 cm, Werkverzeichnis - ISBN 978-3-7757-4068-5
39,80 €
 

v.l.: Klaus Kirsten, Nather - Foto © Kirsten und Nather

Weitere Informationen: www.hatjecantz.de