Bestsellerfressen

„Familienpackung“ von Susanne Fröhlich

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Kein Mitleid mit Gert Scobel!

„Familienpackung“
von Susanne Fröhlich
 
 
„Herr Barts ist da. Was für ein Mann. Schmale Hüf­ten, dunkles Wuschelhaar und ein absolut wahnsinni­ges Strahlelächeln: ‚Guten Morgen, Frau Schnidt’. Wie der mich angrinst. Ich bin hin- und hergerissen. Gut, daß ich mir heute Morgen die Haare gewaschen habe. Es gibt doch noch sinnvolle Ein­gebungen.
Was wäre, wenn ich ihn, anstatt ‚Guten Morgen’ zu sagen, einfach an die Hauswand drücken und meinen Körper an seinen pressen würde und dann: ab geht’s. Wir würden mit Glück noch die Haustür zuziehen können und es sicherlich nicht mehr bis zum Schlaf­zimmer schaffen. Dann würden wir es treiben, bis wir vor Ermattung fast bewußtlos wären.“

Geil, ne?
Ja. Aber bevor Sie jetzt bewußtlos in die nächste Buchklappe verduften & ungeniert diesen, laut Verlagsanpreisung, „ultimativen Stimmungs­aufheller für jede Frau“ erwerben wollen, zitier ich Ihnen noch zwei, drei weitere pikante Stellen aus der doch recht unkonventio­nellen Welt dieser hessischen Gartenzwerg-Emanzipation:
„Und schon sahen wir aus wie die nette Familie aus der Rama-Reklame.“
„Sie hatte lange Korkenzieherlocken wie die Frau aus der L’Oréal-Werbung. Die mit der abge­brochenen Schere.“
„Die hat ja Wimpern wie aus der Mascara-Reklame.“
„Ja, und dann werden wir unsere Körper im schnee­weißen Sand wälzen wie in der Bacardi-Reklame.“

Daraus zu folgern, Frau Fröhlich hätte nur Rohrverleger und Doofmützen-Werbung in ihrer unglaublich blonden Runkelrübe, hieße, sie gewaltig zu unterschätzen:
„In meiner momentanen Gefühlslage würde ich so­gar bei Kai Pflaumes Liebesshow ‚Nur die Liebe zählt’ auftreten.“
„Das sind so Männer, die ‚Sex and the city’ gucken.“
„Das hätte auch der Supernanny von RTL gefallen.“
„Die sieht ja aus wie Schwester Stefanie aus der Sat1-Serie.“
„Alles wird gut? Wie? Guckt der jetzt heimlich Nina Ruge in seinem Büro?“

Oder: „Hallo! Gibt’s hier ’ne versteckte Kamera?“

Doch damit ist das Maß noch lang nich voll: „Explosiv“, „Fury“, „Dschungelcamp“, „Superstar“ und „Kika“, den „Kinderkanal“ hat sie u.a. auch noch drauf, und printmäßig die „Bunte“, „Gala“ und den „stern“. Und - höre, staune, gute Laune - das Wort „kotzen“! Allerdings im andern Zusammenhang. Beneidenswert, so ein Leben!
Und weiter geht’s:
„Ich könnte mich sogar bei ‚Wer wird Millionär’ ver­gnügen.“ Ja, vergnügen vielleicht. Nur gewinnen keinen Cent! Kommt überhaupt einer in die Vorauswahl von Jauch, der so was hier zusammenschmiert?
„Es gibt auch Menschen, die Achttausender besteigen und täglich ‚Gute Zeiten, schlechte Zeiten’ gucken.“ Daß es nie­mals Menschen geben kann, die Achttausen­der besteigen und täglich „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ gucken, ist natürlich niemandem beizu­biegen, der nur zu zwei Dingen in der Lage ist: in die Glotze zu glotzen und aus der Glotze zu glotzen.
Und daß sich so ein armes Menschenkind aufgrund von Mißbrauch solch geballter Fernsehscheiße dann nicht nur einmal vergaloppiert, sondern quasi programmatisch am laufenden Band, wollen wir gern gnädig verzeihen, nichts­destotrotz aber säuberlich dokumentieren:
Als Geburtstagsüberraschung werden an einem Samstag­abend beim, logo, „Lieblings-Italiener Giovanni“ Plätze reserviert. Auf die Frage „Für wann denn?“ muß man dann lesen: „Für halb acht. Damit du vorher noch deine ‚Lindenstraße’ gucken kannst.“ Schön und gut. Is ja legitim. Nur daß die „Lindenstraße” seit 20 000 Jahren regelmäßig immer sonntags kommt.
Ok, wie gesagt, man kann sich schon mal verhauen. Auch 2x pro Seite. Genauso, wie man sich auch schon mal wie­derholen kann. 2x pro Seite. Ohne es definitiv zu merken:
„Ich bin definitiv nicht der Pferdekutschentyp.“
„Für so was bin ich definitiv ein zu großer Schisser.“
„In unsrem Haushalt ist Elternabend definitiv Frauen­sache.“
„Da waren wir definitiv zu betrunken, um noch aufzu­räumen.“
„Hätte ich auch, aber dafür war es nun definitiv zu spät.“
„Hab ich das gesagt? Nein, definitiv nein.“

Und vor allem:
„Wer da mehr erwartet, kann definitiv nur enttäuscht werden.“
Gute Nacht.

Dez. 2005