Morgenstimmung

„In alter Frische“ - eine Komödie von Stefan Vögel im TiC-Theater

von Frank Becker

Morgenstimmung
 
„In alter Frische“ - eine (etwas holperige) Komödie
von Stefan Vögel im TiC-Theater
 
 
Inszenierung: Raik Knorscheidt – Bühne: Jan BauerdickKostüme: Mariola Kopczynski
Mit: Joachim Rettig (Ludwig von Schwitters) – Giuliana Dziewas (Paula Pfitzner) – Torsten Kress (Franz-Josef Lojewski) – Wolfgang Sprotte (Norbert Klinke) – Anita Zlotos (Elisabeth Kerr) sowie Monika Owart (Schwester Isolde)
 
Wenn es auch das Publikum offensichtlich erheitert, ist es doch nicht unbedingt komisch, auf der Bühne jemand hinfallen zu lassen oder Perspektiven zu schaffen, die den Blick unter Röcke erlauben (gilt auch für fallende Beinkleider). Meist wirkt so etwas einfach nur platt. Genau das ist es unter anderem, was die zu flach geratene Komödie „In alter Frische“ und die Inszenierung von Raik Knorscheidt transportieren: Klamotte.
Drei gestandene alte Herren (Joachim Rettig, Torsten Kress, Wolfgang Sprotte) und eine attraktive ältere Dame (Anita Zlotos) schlagen die Langeweile im Altersheim mit „Trivial Pursuit“ tot – das Hickhack um Fragen und Antworten ist immerhin originell. Eine geduldige Krankenschwester (Monika Owart) erträgt die Marotten, den Spott und die Disziplinlosigkeit dieser Herrschaften. Allzu oft wird sie planlos durchs Bild geschickt, um sinnfrei hinter Türen zu verschwinden.
Das würde alles so weitergehen, wenn nicht die aufmüpfige, ungebildete und perspektivlose alleinerziehende junge Mutter Paula (sympathisch, wenn auch allzu aufdringlich in Szene gesetzt: Giuliana Dziewas) als Menü-Lieferantin in diese Tagesroutine platzte. Der ehemalige Internatsleiter Ludwig (routiniert ruppig und arrogant: Joachim Rettig) und schließlich auch seine Mitbewohner Franz-Josef (liebenswert pfiffig: Torsten Kress), Norbert (charakterstark auch im Komischen: Wolfgang Sprotte) und Elisabeth (einfühlsam: Anita Zlotos) adoptieren die junge Frau, fördern sie, damit sie ihren nachträglichen Schulabschluß schafft. Soweit, so gut.
Das Stück scheint aus unendlich vielen Versatzstücken bekannter (Theaterkomödien)-Literatur zusammengeschustert zu sein, allen voran „Pygmalion“, selbstironisch angemerkt von Paula im 2. Akt: „Ich glaub, jetzt hab ichs…“ und setzt wohl eher auf Slapstick-Elemente denn auf tieferen Humor. Auch wenn der gelegentlich in den Dialogen zwischen Franz-Josef und Norbert durchscheint. Der eine oder andere gewitzte Dialog und einige hie und da aufblitzende Pointen machen mehr Spaß als all die vordergründigen Schenkelklopfer. Kress gelingt gewitzt die augenzwinkernde Gratwanderung zwischen Demenz und List. Monika Owart wirkt deutlich unterfordert, doch gehört ihr der zwar an den Haaren herbeigezogene, aber vielleicht gelungenste Auftritt des mit fast zweieinhalb Stunden viel zu langen Stücks: in einem dezent im Halbdunkel gehaltenen Semi-Strip präsentiert sie temperamentvolle Erotik ohne Peinlichkeit. Das hat Stil. Konditionell zeigen sich alle Darsteller in Form, die Rock- und Rap-Choreographien belegen es. Man ahnt von Anfang an: da geht früher oder später noch eine(r) von den Alten hops, nervender Herzton in den Umbaupausen zwischen Morgenstimmung und Adagio signalisiert es. Aber ganz so schlimm wird es nicht, ist ja eine Klamödie.


v.l.: Wolfgang Sprotte, Monika Owart, Anita Zlotos, Giuliana Dzierwas, Joachim Rettig, Torsten Kress - Foto © Martin Mazur
 
Alles in allem kam am Premierenabend nicht nur durch diverse Hänger und deutliche Brüche im Ablauf der Eindruck auf, die Inszenierung könnte unter Zeitdruck, will sagen mit Proben-Defizit auf die Bühne gebracht worden sein. Der letzte Schliff fehlte spürbar. Die Schwäche des Abends lag gewiß nicht an den Darstellern, die viel gaben, ihre Charaktere so gut wie möglich ausarbeiteten, ursächlich ist sie im schwachen Stück und praktisch in Raik Knorscheidts unfertiger Inszenierung zu sehen.
 
Weitere Informationen:  www.tic-theater.de