Soldatenmädchen

von Gertrud Kolmar


Soldatenmädchen
 
Und wenn du Männer zwingen willst,
So mußt du rasch dich rüsten
Und, ehʼ im West der Schnee noch schmilzt,
Marschierʼn nach Frankreichs Küsten.
Und wenn du Mädchen zwingen willst,
So weckʼ nur dein Gelüsten,
Und ruhʼ heutʼ nacht, daß du es stillst,
An meinen weißen Brüsten.
 
Und was der Leute Mund drobʼ redʼt,
Den Spott will ich ertragen,
Wenn dir der Feind nicht widersteht,
Wie solltʼs dein Lieb wohl wagen?
Ein heißes Herz ist noch kein Fehl,
Einʼ tapfre Seelʼ kein Schaden,
Und wenn sich fanden Herz und Seelʼ,
Wird uns der Himmel gnaden.
 
Denn so ist dein und mein Geschick:
Dir schuf der Schmied die Waffen,
Den rosʼgen Mund, den dunklen Blick,
Die hat mir Gott geschaffen.
Der Schuster hat die Schuhʼ gemacht,
Die deinen Weg betraten,
Vom Schneider habʼ ich meine Tracht,
Mein Kindlein vom Soldaten.
 
 
Gertrud Kolmar