Ein Thema, zu ernst für abgegriffene Action

„London has fallen“ von Babak Najafi

von Renate Wagner

London has fallen
(USA, GB 2016)

Regie: Babak Najafi
Mit: Gerard Butler, Aaron Eckhart, Morgan Freeman u.a.
 
Filme sind sensible Zeichen unserer Zeit und unserer Welt. Sie zeigen oft, wie gescheit wird sind, zeigen aber auch, wie dumm wir sind. Die Bedrohung durch den Terrorismus ist so real, wie sie nur sein kann. Und was tut das Kino? Es versucht nicht etwa eine Analyse dessen, was da in der Welt vorgeht. Nein, es genießt den möglichen Untergang (als hätte es 9/11 als Realität nie gegeben) als Kinospektakel – Action-Tsching-Bumm, der letztendlich zur Unterhaltung da ist. Warum auch nicht?
Schließlich hat „Olympus has fallen“, die Terrorattacke auf das Weiße Haus, 2013 sehr viel Geld eingespielt. Also warum das „Erfolgsrezept“ nicht mit London wiederholen? Und damit der Wiedererkennungseffekt gegeben ist: Wieder spielt Aaron Eckhart den ehrenwerten amerikanischen Präsidenten, wieder ist Gerard Butler der souveräne Leibwächter vom Dienst Mike Banning, und wieder gibt der unerschütterlich-aufrechte Morgan Freeman den Vizepräsidenten. Und der böse Terroristenchef Barkawi, der aus der Ferne die riesige Aktion plant, wirkt in Gestalt von Alon Aboutboul „östlich“ genug.
Wenn man sich jahrelang darauf vorbereitet hat, möglichst viel von London zu zerstören und lahm zu legen, wie schafft man zu diesem Zweck möglichst viele Staatschefs dorthin? Das ist leicht, dazu muß man kein Drehbuchautor sein: Man bringt den Premierminister um (daß es kein natürlicher Tod war, kommt erst später heraus), und selbstverständlich werden alle zum Begräbnis erscheinen. Auch der amerikanische Präsident. Samt Sicherheitsmann, der schweren Herzens seine schwangere Frau daheim zurück läßt. Keine Angst, am Ende darf er mit seinem Baby spielen – vielleicht wird er noch für ein paar andere Filme gebraucht, wenn demnächst auf der Leinwand Paris oder Rom oder gar Wien in Trümmer gelegt werden soll?
Viele schöne Luftaufnahmen auf London, aber bald geht es los – auf die übliche Weise: gewaltige Explosionen, Autojagden, Schießereien. Es tut einem das Herz weh, wenn man eben noch auf St. Pauls, die Westminster Abbey, den Buckingham Palast blicken durfte. Und nun wird es kaputt gemacht.
Nichts, was der Film von Regisseur Babak Najafi (eine iranisch-schwedische Mischung) bietet, ist in irgendeiner Weise neu oder interessant. Wenn der Präsident und sein Sicherheitsmann auch anfangs scheinbar davonkommen – die Terroristen, die explizit vom Vizepräsidenten den „Kopf“ des Präsidenten verlangen, damit sie ihn vor laufender Kamera für alle Welt live hinrichten können, schnappen ihn doch. Immerhin ein halbwegs spannender Moment, wenn der wackere Mann seine letzten Worte in die Kamera sagen muß und sein Henker schon mit dem Schwert neben ihm steht…
 
Es ist wohl kein Spoiling, wenn man andeutet, daß der gute Mann davonkommt (im Kino wird immer im letzten Augenblick gerettet, nur im wahren Leben sterben die Menschen), der heimische (in dem Fall englische) gewissenlose Bösewicht, der mit dem Terrorchef zusammen arbeitet, wird auch erwischt, und am Ende darf der Vizepräsident versichern, daß man in diesem „Krieg“ nicht nachlassen wird.
Das Resümee „We live in a dangerous world“ kann man nur unterschreiben: Sicher, wir leben in einer gefährlichen Welt. Darum sollte man den Ernst der Lage nicht damit „belustigen“, abgegriffene Action daraus zu machen.
 
TRAILER:

Renate Wagner