Peter Joseph Lenné: Lustgärtner? Gartenkünstler?

C.A. Wimmer - „Der Gartenkünstler Peter Joseph Lenné. Eine Karriere am preußischen Hof“

von Johannes Vesper

Peter Joseph Lenné:
Lustgärtner? Gartenkünstler?
 
Daß der romantische Mythos von Preußisch- Arkadien, bzw. die havelländischen Gartenkunstwerke in und um Potsdam nach DDR-Verfall und Mauer wieder erstanden, ist dem Glücksfall der Wiedervereinigung zu verdanken. Daß diese Landschaft zu ihrem Mythos kam, verdanken wir den preußischen Königen und ihren Gärtnern, also im wesentlichen Johann Peter Lenné und seiner Schule. Peter Josef Lenné wurde 1789 in Bonn geboren, wo seine Vorfahren seit 1665 als kurfürstliche Hofgärtner gewirkt hatten. Großvater Cunibert hatte als kurfürstlicher Hofgärtner noch die Poppelsdorfer Allee anlegen dürfen. Als Kind erlebte Peter Josef in Bonn die Zeit der Koalitionskriege mit französischer Besatzung und wechselnden Provinzialregierungen, mit viel Militär und mit dann unsicheren beruflichen Perspektiven für seinen Vater. Zu jener Zeit wurde der Bonner Hofgarten zerstört. Seitdem müssen die Bonner mit der riesigen Wiese hinterm Schloß leben. Als Kind erkrankte Peter an den Pocken. Die1799 erstmals in Wien eingeführte Pockenschutzimpfung gehörte in Bonn noch nicht zum Standard. Ob er das berühmte Jesuitengymnasium zu Bonn besucht hat, kann C.A. Wimmer in der jüngst neu vorgelegten Biographie des großen preußischen Gartenkünstlers nicht klären. Peters mangelhafte Lateinkenntnisse wurden jedenfalls später am preußischen Hof bemängelt. Als Jugendlicher ging er in die Gärtnerlehre (1805-1808)bei seinem Vater, der sich in der Franzosenzeit als Schulgärtner durchschlagen mußte und sich mit privaten Aufträgen (z.B. für den Deweerthschen Garten in Elberfeld) über Wasser hielt. Ohne einen Gärtnereibetrieb kam er als Lehrherr eigentlich nicht in Frage. Onkel Weye, damals Hofgärtner zu Brühl und Vater des späteren Hofgärtners in Düsseldorf, Max Weye, bescheinigte dann nicht ganz regulär seinem Neffen die Lehre.
 
Auf Reisen, die vor allem zwischen 1808 und 1811 bei schlechten Quellen kaum nachvollzogen werden können, sammelte Peter Joseph gärtnerische Anregungen, reiste nach Paris zu dem berühmten Thouin, nach München zu dem süddeutschen Gärtnerpapst Friedrich Ludwig Sckell, der mit dem Englischen Garten beschäftigt war, begab sich nach Wien, wo er in die Planung des Schloßparks Laxenburg (bei Wien) einstieg. Diese Planung gilt als Frühwerk Lennés, wurde hochgeschätzt, jedoch kaum realisiert und ergab keine Stelle für ihn in Wien. Peter Josef kehrte arbeitslos in sein Elternhaus nach Koblenz zurück. Kleine Verschönerungsarbeiten für die Stadt Koblenz boten ihm keine Perspektive.

Preußisch Arkadien - Foto © Johannes Vesper
Inzwischen hatten seit dem 30.04.1815 entsprechend den Vereinbarungen des Wiener Kongresses die Preußen das Sagen am Rhein und Vater Lenné pflegte schnell gesellschaftlichen Kontakt mit den neuen Herren in Koblenz. Peter Josef bewarb sich auf Vermittlung des Hofmarschalls und Intendanten der kgl. Preußischen Gärten Burchard Friedrich von Maltzahn erfolgreich nach Sanssouci und erhielt eine Stelle als Gärtnergehilfe. Ratschläge des Vaters liegen vor: „suche Deinen Vorteil, ein gutes Einkommen und schauspielere gut“. Diesen Ratschlägen folgend, machte er sich schnell mit den Großen bekannt - das „kann uns allen viel Vorteil zuziehen“- und wurde im Februar 1818 zum Garten-Ingenieur und Mitglied der Gartendirection ernannt mit Weisungsbefugnis gegenüber allen Hofgärtnern. Auf diese Karriere war auch Vater Lenné stolz und sandte trotz des verregneten Sommers 1815 infolge des für das Weltklima katastrophalen Ausbruchs des Vulkans Tambora in Indonesien Kisten guten Rheinweins nach Potsdam, an seine „ständige Vertretung“ bei Hofe sozusagen. Jetzt legte Josef Peter los und plante Klein-Glienicke für den Fürsten Hardenberg, fertigte Planungen für den Park von Sanssouci, für den Neuen Garten , für den Berliner Tiergarten und für den Park des Schlosses Charlottenburg. Peter Joseph Lenné liebte die Modellierung der Parklandschaft durch Ausheben von Teichen zu „Augen der Landschaft“ und Verwendung des Aushubs für Hügel, liebte gewundene Wege, Sichtachsen und Gehölzgruppen, verstand sich aber nicht als Garten- und Landschaftsbauer sondern als Gartenkünstler. Er liebte nicht den Barockgarten sondern den englischen Garten und nahm keine Rücksicht auf vorhandenen Strukturen, war also alles andere als ein gärtnerischer Denkmalschützer. Über Geschmack ließ sich damals schon trefflich streiten. Lenné stritt über die Gartenkunst mit dem berühmten englischen Gartenarchitekten Humphrey Repton, mit Fürst Pückler-Muskau u.a.. Den von Friedrich Wilhelm IV geliebten italienischen Landschaftscharakter in und um Potsdam verwirklichten vor allem Ludwig Persius und Lennés Schüler Hermann Sello, der als „Milchbruder“ des Kronprinzen dessen besonderes Vertrauen genoß. Peter Josef Lenné förderte die seit längerem diskutierte Reform der Gärtnerausbildung zum Kunstgärtner (Gärtnerei im Sinne freier Kunst oberhalb des Handwerkerstandes.) mit der Gründung der Königlichen Gärtner-Lehranstalt zu Schöneberg und Potsdam in Verbindung mit der Landes-Baumschule 1823.
 
Mit fortschreitender Entwicklung Preußens und dem Bau der Eisenbahn ging die Zeit königlicher Gartenprojekte und königlicher Gartenarchitekten dann vorüber. Lenne wurde nicht nur im Städtebau Berlins sondern auch benötigt beim Bau der Eisenbahn sowohl in Brühl als auch in Potsdam, wo die romantischen, königlichen Interessen mit der Erfordernissen der modernen Zeit (Eisenbahnbau, Bevölkerungszuwachs Berlins) in Übereinstimmung gebracht werden mußten. Trotz seines grandiosen Lebenserfolges als Gartenkünstler war Peter Joseph Lenné im Alter nicht ganz glücklich. Seine schöne Frau Friederike lag schon auf dem Familienfriedhof von Bornstedt, ohne Kinder und einsam hätte er gerne gesehen, wenn jemand noch zu seinen Lebzeiten eine Biographie über ihn geschrieben hätte. Eine zusammenfassende Darstellung seiner Gartenkunst ist ihm selbst nicht gelungen. Im November 1865 bei Teicharbeiten zur Bekämpfung der Wasserpest, erkrankte er an einem Infekt, der im Endeffekt zum Tode führte. Peter Joseph Lenné starb am 23. Jan. 1866. Welche Rolle das auf der Todesanzeige angegebene Unterleibsleiden gespielt hat, bleibt unklar.
Die sehr erfolgreiche Karriere dieses führenden „Kunstgärtners“ Preußens beschreibt kenntnisreich, souverän und nicht unkritisch jetzt der Potsdamer Gartenarchitekt C.A. Wimmer, der sich sein Leben lang mit den preußischen Hofgärtnern und mit Lenné beschäftigt hat. So entstand eine kleine, sehr lesenswerte Geschichte der preußischen Gartenkunst des 19. Jahrhunderts, die die Lust auf einen erneuten Besuch der Schlösser und Parks Potsdams wecken.


Preußisch Arkadien, Gotisches Haus und Marmorpalais - Foto © Johannes Vesper
 
C.A. Wimmer - „Der Gartenkünstler Peter Joseph Lenné. Eine Karriere am preußischen Hof“
© 2015 Lambert Schneider Verlag / Wissenschaftliche Buchgessellschaft, 223 Seiten, mit 24 farb. und 25 s/w Abb., 14,5 x 21,7 cm, Fadenheftung, Lesebändchen - ISBN 978-3-650-40129-8
24,95 €

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