„Traum und Tristesse“

Bilder von Harald Kirschner über das Leben in den Plattenbausiedlungen der DDR

von Andreas Rehnolt

Foto © Harald Kirschner

„Traum und Tristesse“
 
Fotoausstellung im Bonner Haus der Geschichte
über das Leben in den Plattenbausiedlungen der DDR
 
Bonn - „Traum und Tristesse. Vom Leben in der Platte“ ist der Titel einer aktuellen Ausstellung im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Die bis zum 22. Mai geplante Schau zeigt Alltags-Aufnahmen des Leipziger Fotografen Harald Kirschner vom Leben in den Plattenbausiedlungen der damaligen DDR. Die Bilder zeigen spielende Kinder in Wasserlachen, rauchende Teenager inmitten von Bauschutt oder auch einen provisorisch errichteten Container einer Bankfiliale zwischen Hochhäusern.
Berlin-Marzahn, Halle-Neustadt oder Jena-Lobeda. Die Bindestrich-Orte stehen nach Angaben des Museums für Plattenbausiedlungen, die seit Mitte der 1970er Jahre allerorten in der DDR an den Stadträndern hochgezogen wurden. Die Förderung des Wohnungsbaus war einer der wichtigsten Eckpfeiler der Politik von Staats- und Parteichef Erich Honecker. In der gesamten Republik fehlten rund drei Millionen Wohnungen.
Für Leipzig-Grünau fiel 1976 der erste Spatenstich. Die Wohnungen verfügten über Zentralheizung, fließend Warmwasser und Innentoilette. Sie waren entsprechend sehr begehrt.
Fünf Jahre später bezog der damals 37-jährige Harald Kirschner gemeinsam mit seiner Familie eine der raren „Atelierwohnungen“ in Leipzig-Grünau. Noch heute sind das 15. und 16. Geschoß des so genannten „PH 16 im WK 4“ – gebräuchliche Abkürzungen für Punkthochhaus und Wohnkomplex – seine Heimat. Als Betroffener und professioneller Beobachter zugleich hielt der freiberufliche Fotograf mit seiner Exakta-Kleinbildkamera Reiz und Makel dieses oft surreal anmutenden Wohnumfeldes der ewigen Großbaustelle fest.
Kirschners sozialdokumentarische Aufnahmen zeigen die euphorische Aufbruchstimmung der ersten Jahre, das Bemühen der Menschen, dem Leben in den „Arbeiterschließfächern“ in „Schlammhausen“, wie die Wohnungen und der Stadtteil im Volksmund bald hießen, Individualität zu verleihen. Das besondere Interesse des Fotografen galt vor allem den Kindern und Jugendlichen, die mit viel Phantasie ihren Lebensraum in Besitz nahmen. „Für sie glich die entstehende Neubausiedlung einem großen Abenteuerspielplatz“, so die Aussteller.


Foto © Harald Kirschner

Die vornehmlich in Schwarz-Weiß gehaltenen Bilder bezeugen den provisorischen Charakter der Aufbauphase, die zunehmenden Abnutzungserscheinungen, die Umbruchstimmung 1989/90. Sie geben auch einen Ausblick auf die Entwicklung nach der Wiedervereinigung und beweisen dabei viel Sympathie für die Bewohner der „Platte“.
 
Die Ausstellung ist dienstags bis freitags von 9 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Internet: www.hdg.de
Kontakt: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland - Willy-Brandt-Allee 14 - 53113 Bonn - Tel: 0228 - 91 65-375


Foto © Harald Kirschner