An Henriette Hanck Kopenhagen, 19. Januar 1836

Ein Neujahrsbrief

von Hans Christian Andersen

H.C. Andersen
Ein Neujahrsbrief von H.C. Andersen

An Henriette Hanck, Kopenhagen, 19. Januar 1836
 
[...] Kein Winter ist so ruhig und glücklich dahingegangen Wie dieser. Der „Improvisator“ hat mir Achtung bei den Edelsten und Besten verschafft, die Menge selbst ist ehrerbietiger geworden. Von Nahrungssorgen weiß ich, Gott sei gelobt, nichts, und ich habe mir in der letzten Zeit das Leben recht angenehm machen können. Die Zeitungsherausgeber schicken mir Zeitungen, Reitzel schickt Bücher und Kupfer; so sitze ich in bunten Pantoffeln und Schlafrock mit den Beinen auf dem Sofa, der eiserne Ofen summt, die Maschine auf dem Tische singt, und der Weihrauch tut gut. Ich denke dann an den armen Knaben in Odense, der in Holzschuhen ging, und dann wird mein Herz weich, und ich preise den lieben Gott. jetzt bin ich auf der Mittagshöhe, das fühle ich wohl; später nimmt das ab. Aber der Dichtermittag dauert sicherlich sechs Jahre, und in dieser Zeit kann ich sechs gute Bücher schreiben. Dann habe ich in der Welt das Meine getan, und ich bin sicher, ich sterbe schon noch zur rechten Zeit! Wenn ich doch nur vorher noch ein einziges Mal nach Italien käme! [...]