Feier der Kinderfantasie

„Peter Pan“ am Schauspiel Wuppertal

von Martin Hagemeyer

Tinka Fürst, Aaron Röll - Foto © Claudia Kempf
Feier der Kinderfantasie
„Peter Pan“
Nach Motiven des Märchens
von James Matthew Barrie


Fassung von Peter Raffalt - Familienstück ab 7 Jahren
 
Inszenierung: Peter Raffalt - Bühnenbild: Dominique Wiesbauer - Kostüme: Cinzia Fossati - Musik: Julia Klomfaß - Dramaturgie: Dr. Cordula Fink-Schürmann - Regieassistenz und Inspizienz: Gesa Linnéa Hocke - Regieassistenz von 13.10.-24.10.2015 Alexander Bangen - Fotos: Claudia Kempf  

Besetzung: Peter Pan (Aaron Röll) – Wendy (Anna Blumer) - Tinkerbell  (Tinka Fürst) - Kapitän Hook / Mr. Darling (Lukas Mundas) - Michael Darling (Thomas Ehrlichmann) - Mrs. Darling / Smee (Petra Kalkutschke) – Tootles (Toni Gojanovic) - Tiger Lilly / Nana (Hund) (Lisa-Marie Seidel) - Sängerin / Nixe (Irmke von Schlichting)
 
Am vergangenen Samstag ging „Peter Pan“ erstmals über die Bühne am Engelsgarten, das neue Familien- und auch diesjährige Weihnachtsstück der Wuppertaler Bühnen. Bunt, überdreht und actionreich ging es zu – das sind Kinderstücke indes oft, und so soll es ja auch sein. Bei der berühmten und vielbearbeiteten Vorlage von James Matthew Barrie liegt da besonders nahe zu fragen: Wie stark vertraut das Theater angesichts all der Konkurrenzmedien heute noch auf eigene Mittel und auf die Phantasie der jungen Zuschauer? Geht es heute doch um die Geschichte eines Jungen, der partout nicht erwachsen werden will und eben auf dem Kinder-Blick beharrt.
Es ist ein schönes Stück Theater geworden.
 
Gespielt wird in Dominique Wiesbauers vielseitigem Bühnenbild zum einen vor nüchterner Kulisse (Alltagswelt), zum anderen auf einer schmucken Drehbühne (Zauberwelt). Häufiger macht Regisseur Peter Raffalt dann zwar Anleihen bei Bildern, wie junge Besucher sie heute von Zeichentrick- und Animationsfilmen gewohnt sind: Der spektakuläre Flug nach Nimmerland unter Führung von Peter (so jungenhaft, wie's sein soll: Aaron Röll) gehört dazu – illustriert durch einen rasanten Strom aus Bildprojektionen inklusive Schwebebahn. Und als das Mädchen Wendy den fremden Zauberknaben im elterlichen Haus entdeckt, zeigen beide einander in Anime-Manier, was sie können: Zappelnd legt der gelenkige Blondschopf ein paar Tricks vor, und die Bürgerstochter kontert überraschend cool mit ihren eigenen.


Abflug ins Nimmerland, v.l.: Aaron Röll, Anna Blumer, Toni Gojanovic - Foto © Claudia Kempf
 
Doch, zum Glück: Derlei Zitate sind hübsche Einzelelemente. Es bleibt genug, was der Zuschauer gut theatral im Kopf hinzutun muß. Schon das Märchen selbst hält ja einiges an Sperrigem bereit, Zumutungen bei der Frage nach Gut und Böse zum Beispiel: Die Fee Tinkerbell ist ja ein zwar entzückendes, aber durchaus hinterhältiges Wesen, das die Nebenbuhlerin fast schon mit Flitzebogen abschießen läßt – um dann schließlich allerdings doch wieder einiges zum guten Ende beizutragen. Und die Inszenierung stilisiert sie auch noch unverkennbar zur Sympathiefigur: Ganz zu Beginn plumpst Tinka Fürst allein auf die Bühne und beginnt sofort fremdländisch zu plappern. Und Lukas Mundas als Käpt'n Hook ist natürlich ein finsterer Bösewicht, aber er hat Gefühle, kennt auch Angst – Peter Pan hingegen? Menschliche Nähe jedenfalls weist der sonst so draufgängerische Bengel konsequent stur zurück.
 
Und dann bietet eben die Regie nicht zu viel perfekte Illusion: Denn kaum verborgen bleiben wird auch kritischen Achtjährigen etwa, daß Vater und Mutter Darling nur unwesentlich älter wirken als ihre Kinder. (Was auch daran liegt, daß Tochter Wendy bei Anna Blumer meist so erwachsen und abgeklärt erscheint: „Fast schon gruselig“, bescheidet sie ohne sehr merkliche Rührung die bizarre Meeresszenerie im Halbdunkel; und küssen will sie den spröden Peter, ja – aber nicht ohne vorher am Tisch die Lampe auszuknipsen.) Und auch wenn schließlich die Freunde auf der Flucht vor den Piraten eigentlich nur auf der Stelle paddeln, während bloß die Drehbühne im Hintergrund die Fortbewegung vortäuscht, versteht doch jedes Kind: Das ist gespielt – und das ist gut so.

 
Kampf mit Kät´n Hook, v.l.: Lukas Mundas, Aaron Röll - Foto © Claudia Kempf
 
Aufführungsdauer ca. 1 Stunde 30 Minuten, ohne Pause
Weitere Termine: 27.-30.10., 25.-27.11., ab 2.12. (mit Unterbrechungen) bis 27.12.
 
Weitere Informationen/Termine:  www.wuppertaler-buehnen.de