Behauptete Gefühle

Mittelmäßige „Madama Butterfly“ im Opernhaus Wuppertal

von Daniel Diekhans

Foto © Uwe Stratmann

Behauptete Gefühle
 
Mittelmäßige „Madama Butterfly“ im Opernhaus Wuppertal
 
„Madama Butterfly“ - Tragödie einer Japanerin in drei Akten.
Libretto von Guiseppe Giacosa und Luigi Illica.
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
 
Musikalische Leitung: Ulrich Windfuhr -  Inszenierung und Bühne: Dominik Neuner - Kostüme: Ute Frühling - Licht: Fredy Deisenroth - Chorleitung: Jens Bingert - Fotos: Uwe Stratmann
 
Besetzung: Cio-Cio-San (Hye-Won Nam) – Suzuki (Viola Zimmermann) – Kate Pinkerton (Katharina Greiß) – B.F. Pinkerton (Timothy Richards) – Sharpless (Heikki Kilpeläinen) – Goro (James Wood) – Onkel Bonzo (Marc Kugel) – Yamadori (Tomasz Kwiatkowski) – Yakusidé (Andreas Heichlinger) – Kaiserlicher Kommissar (Hak-Young Lee) – Mutter von Cio-Cio-San (Qian Zhang) – Tante (Ja-Young Park) – Kind (Steve Kinreich)
Chor der Wuppertaler Bühnen; Statisterie; Sinfonieorchester Wuppertal
 
Wuppertaler „Madama Butterfly“ ist keine Glanzleistung
 
Ohne „Madama Butterfly“ geht es nicht. Puccinis Culture-Clash-Tragödie ist von den Opernbühnen dieser Welt nicht wegzudenken. In Wuppertal war sie lange nicht mehr zu sehen. 2003 inszenierte die viel zu früh verstorbene Anouk Nicklisch den Dauerbrenner auf einer kargen Bühne und mit Anleihen beim japanischen Maskentheater.
 
Von Verfremdung hält Dominik Neuner, Regisseur der neuen Wuppertaler „Butterfly“, nicht viel. So erlebte das Wuppertaler Premierenpublikum letzten Freitag eine Inszenierung, die vor allem auf psychologischen Realismus und historische Genauigkeit setzte. Ein Konzept, das nur zum Teil aufging. Was nicht an der Hauptdarstellerin lag. Die aus Korea stammende Sopranistin Hye-Won Nam sang die Titelpartie schon mit Erfolg in Bremen, Mannheim, Saarbrücken und Magdeburg. Ihr weiches Timbre, das auch bei dramatischen Spitzentönen keine Schwächen hören ließ, paßte ausgezeichnet zu ihrer Rolle. Dem jungverheirateten Mädchen Butterfly, dessen zarte Liebesträume an der harten Wirklichkeit zerschellen. Genauer: an der Härte ihres untreuen Ehemanns Pinkerton.
Ausgerechnet in der Todesszene konnte Hye-Won Nam nur musikalisch, nicht aber darstellerisch überzeugen. Die Arie „Con onor muore“ gelang, auch wenn mancher Ton etwas flatterte. Daß die Sängerin quer über die Bühne zu ihrem spielenden Sohn kriechen mußte, um dort zu verbluten, war ein bißchen zu dick aufgetragen.


Foto © Uwe Stratmann
 
Eindeutiges Overacting
 
Eindeutiges Overacting betrieb Pinkerton-Darsteller Timothy Richards. Schade, denn meistens konnte er mit Hye-Won Nam gut mithalten. Seine Schwäche war, daß er die Wandlung Pinkertons im letzten Akt, keimendes Mitgefühl und Reue, nur behauptete, aber nicht spielte. Als er seine Arie „Addio, fiorito asil“ sang, schien er zu schwanken, ja zu straucheln. Ein gutes Beispiel für unfreiwillige Komik.
Mehr als ordentlich waren auch die Leistungen des übrigen Ensembles. Glaubhaft verkörperte Viola Zimmermann die gute Seele Suzuki. Heikki Kilpeläinen war – mit vollem Baß und reduziertem Spiel – die richtige Besetzung für Konsul Sharpless, den „guten“ Amerikaner.
 
Präsent war auch das Sinfonieorchester Wuppertal unter Dirigent Dominik Windfuhr. Mit genau abgestimmter Dynamik sorgte er dafür, daß die Sänger vom reichen Orchesterklang – zwischen „Star Spangled Banner“ und japanischen Ganztonmelodien – getragen und nicht etwa zugedeckt wurden.
Stärken und Schwächen der Inszenierung spiegelten auch Kostüme und Bühnenbild wider. Trotz dem noch immer aktuellen Gegensatz zwischen westlicher und östlicher Kultur – die Outfits von Ute Frühling betonten gerade die Gegenwartsferne der „Madama Butterfly“. So trug der ganze Damenchor bunte Kimonos und schwarze Perücken. Allein Hye-Won Nam in weißem Kleid fiel aus dem Rahmen. Dafür trugen die Amerikaner Mode um 1900 auf – in feinem Zwirn oder Reisekostüm.
Neuners Ausstattung hingegen hielt die Balance zwischen Realismus und symbolischer Verdichtung. Butterflys Haus mit den typisch japanischen Papierwänden war in eine große weiße Dachschräge eingebettet. Ein kahler Baum überragte die Szenerie. Ein Sinnbild für den Tod? Am stärkten wirkte die Bühne, als Pinkerton nach Japan zurückkehrte. Auf die weiße Dachschräge wurde ein riesiges Schiff projiziert – die Titanic. Da stand Butterfly ihr eigener Untergang noch bevor.
 
Dirigenten geben mit „Butterfly“ ihre Visitenkarte ab
 
Nach Ulrich Windfuhr dirigieren weitere Bewerber um den Chefposten beim Sinfonieorchester Wuppertal „Madama Butterfly“. Hier die Namen der übrigen Kandidaten: Marc Piollet (Vorstellung am 18.10.), William Lacey (21.10.), Mark Rhode (23.10.) und Philippe Bach (25.10.).
 
Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de