Es ist ein Licht, das der Wind ausgelöscht hat

Klaus Löwitsch spricht „Offenbarung und Untergang“ - Fühmanns Kontroverse mit Trakl -

von Frank Becker

Es ist ein Licht, das der Wind ausgelöscht hat


„Georg Trakl: Die Biographie eines nicht lebbaren Lebens – ein Dasein verfallener Poesie, ein Dasein, verfallen an Gift und Inzest (...) Verfall, der dann jäh in den Selbstmord stürzt“.

So wie auf der Doppel-CD „Offenbarung und Untergang“ von Klaus Löwitsch gesprochen, hat man Georg Trakl bisher sicher nicht gehört - atemlos, gehetzt, in Chiffren. Löwitsch auf der Spur zweier Zerrissener in zwei Kriegen, selbst ein Ruheloser.
„Ich, Löwitsch, bin zu Trakl über Fühmann gekommen, über Franz Fühmann zu Georg Trakl, ein Erlebnis aus zweiter Hand.“ Kleist, Hölderlin, Lenz, die Günderode, Grabbe und Stifter führt er an als Zeugen für das nicht lebbare Leben, das doch gelebt werden muß. Er nähert sich Franz Fühmann, der als 23-jähriger vor dem zertrümmerten Deutschland vom enthusiastischen Nationalsozialisten in der Reiterstandarte des „Führers“ zum überzeugten Kommunisten geworden ist – und Georg Trakl, der Fühmann mit seiner Lyrik die Augen geöffnet und den Weg gezeigt hat. Er ist sicher nicht der letzte gewesen, dem Trakls Schicksal, Lyrik und verzweifelter Tod diese Einsichten ermöglichte.

Plotin hat gesagt: „Das Auge hätte die Sonne nie gesehen, wäre es nicht selbst von sonnenhafter Natur“. Löwitsch entdeckt diese Natur in Trakl und Fühmann über dessen Buch „Vor Feuerschlünden. Erfahrung mit Georg Trakls Gedicht“, das er als Textvorlage benutzt, neu. Er führt die Seelenverwandtschaft weiter, spricht Fühmann und in dessen Text Trakl – entdeckt diesen für sich, begreift ihn, beginnt, seine Gedichte zu interpretieren: „Untergang“, „Das tiefe Lied“, den Karl Kraus zugeeigneten „Psalm“, die erste Fassung von „Verfall“. Diese und viele andere fügt er in die Biographie Trakls ein, dessen früh verwildertes und zerstörtes Leben er nicht idealisiert – das ist es, was dieses Hörbuch so fesselnd macht. Brief-Auszüge wie der vom November 1912 an den Freund Buschbeck fließen ein. Rauschgift, Alkohol, Huren. „Delirium“, „Der Schlaf“ (2. Fassung) – „Traum und Umnachtung“, die Schuld des Inzestes mit seiner Schwester, Verwirrung, Krieg, Tod durch Kokain – ein tragisches Leben mit konsequentem Ende. Ein Vermächtnis. Georg Trakl starb am 6. November 1914, Franz Fühmann starb am 8. Juli1984, Klaus Löwitsch am 3. Dezember 2002.

Die kongeniale Ergänzung der Texte durch die eingeflochtene und rahmende Musik Markus und Simon Stockhausens aus den Alben „Despite the fire-fighters´ efforts“ und „Cosi Lontano...Quasi Dentro“ macht aus Klaus Löwitschs brillantem Hörbuch ein aufwühlendes, hautnahes persönliches Erlebnis. Stockhausens großartiges meditatives, tief innerliches Spiel auf Trompete und Flügelhorn erreicht die Sphären, in denen auch Trakls Gedichte die Zeiten gültig überdauern. Mit „Offenbarung und Untergang“ liegt ein Gesamtkunstwerk vor.

Beispielbild

Klaus Löwitsch spricht „Offenbarung und Untergang“
- Fühmanns Kontroverse mit Trakl -

mit Musik von Markus und Simon Stockhausen, Jo Thönes,
Gary Peacock, Fabrizio Ottavuci und Zoro Babel

Klaus Löwitsch Autor, Sprecher
Markus Stockhausen Komposition, Trompete, Flügelhorn, Synthesizer
Simon Stockhausen Komposition, Keyboards, Sopransaxophon
Jo Thönes Akustik- und elektrische Gitarre
Gary Peacock Bass
Fabrizio Ottavuci Piano
Zoro Babel Schlagzeug

Produktion: VENTANA FILM

© Hörbuch 2001 Aktivraum-Verlag Rolf Zavelberg - AR 40801
ISBN 3-934753-05-1
© CD „Despite the fire-fighters´ efforts“ ECM 1496 - 1993 ECM Records
© CD „Cosi Lontano...Quasi Dentro“ ECM 1371 - 1989 ECM Records

Doppel-CD mit einer Gesamtspieldauer von 1:23:00


Weitere Informationen unter:

www.aktivraum.de
www.ecmrecords.com