Weltkunst – Von Buddha bis Picasso
Die Sammlung Eduard von der Heydt
Das Lebenswerk eines Sammlers
zwischen Kunst, Kapital und Politik
Nachdem im Sommer 2013 im Museum Rietberg Zürich die Ausstellung „Von Buddha bis Picasso. Der Sammler Eduard von der Heydt“ gezeigt worden war, an der auch das Wuppertaler Von der Heydt-Museum mitwirkte, ist nun in einer opulenten „Fortsetzung“ die schon damals verabredete ergänzende und noch umfangreichere Ausstellung in Wuppertal zu sehen. Eine größere Auswahl aus dem 3.500 Stücke umfassenden Bestand der Sammlung Eduard von der Heydt war bisher nie an einer Stelle zu sehen; nicht einmal der Sammler selbst hatte zu Lebzeiten diese Möglichkeit. Zu weit waren die von ihm angekauften Kunstwerke in Museen der westlichen Welt verstreut. Erst posthum ist es gelungen, diesen einzigartigen Bestand, die größte Privat-Sammlung der Mitte des 20. Jahrhunderts, an zwei Orten zu konzentrieren: 3.000 Stücke sind im Besitz des Museums Rietberg Zürich, 500 Werke im Bestand des von Eduard von der Heydts Vater August von der Heydt im Jahr 1902 gegründeten damals Elberfelder Kunstmuseums, das heute den Namen seines Stifters trägt.
Daß man jetzt maßgebliche Teile der Sammlung in Wuppertal zeigen kann, ist der Unterstützung vieler Sponsoren, darunter der Kunst- und Museumsverein Wuppertal, die Ernst von Siemens Kunststiftung, die Brennscheidt-Stiftung, dem E/D/E, der FAZ, der Bahn, der Stadtsparkasse Wuppertal, der WDR 3, Vorwerk und vor allem aber der Kunststiftung NRW zu verdanken, die von staatlichen Lotterie-Einnahmen lebt. Ein Sechser im Lotto sozusagen.
„Der deutsch-schweizerische Bankier und Kunstsammler Eduard von der Heydt (1882-1964) war einer der ersten privaten Kunstsammler, die eine strategische Verbindung von Kunst und Kapital eingingen. Seine Sammlung außereuropäischer Kunst bildete den Grundstock des Museums Rietberg Zürich; die wertvolle Gemäldesammlung europäischer Kunst stiftete er ab 1952 dem Städtischen Museum Wuppertal, heute Von der Heydt-Museum. Experten zeichnen auf der Grundlage umfangreicher und erstmals ausgewerteter Dokumente aus internationalen Archiven ein differenziertes und historisch-kritisches Bild einer komplexen Persönlichkeit. Auch seine umstrittene Rolle als Bankier der Thyssen Bank von 1933-1945 wird im Lichte bislang unbeachteter Quellen neu bewertet. Ausgewählte Kunstwerke und Archivdokumente sowie bisher unbekannte Fotos aus seinem Nachlaß geben einen authentischen Blick frei auf das wechselvolle Leben eines legendenumrankten Sammlers.“ Dieser knappe Abriß des unerhört vielschichtigen, erfüllten und kosmopolitischen Lebens des Bankiers, Hoteliers und Schöngeists Eduard von der Heydt im Katalogtext 2013 läßt ahnen, daß wir es nicht nur mit einem hochinteressanten Mann und Sammler, sondern auch mit nicht nur einer herausragenden Sammlung von historischen Kulturgütern und moderner Kunst zu tun haben.
Eberhard Illner hat damals mit einem hochkarätigen Mitarbeiterstab in intensiver Recherche die erste umfassende Biographie Eduard von der Heydts vor dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen, finanzpolitischen und gesellschaftlichen Verflechtungen zusammengestellt. Die ausgedehnten Reisen des Sammlers, seine Finanzgeschäfte, seine Nähe zur NS-Führung und seine Rolle im „Dritten Reich“, der ihn umgebende Freundeskreis – es wurde nichts ausgespart. Die Autoren haben sachlich und völlig frei von jeglicher Polemik die Ergebnisse ihrer umfangreichen Archiv-Arbeit zusammengestellt und kommentiert, wodurch ein neutrales Bild dieses außergewöhnlichen Mannes gezeichnet werden konnte.
Gerhard Finckh und Antje Birthälmer haben, ohne das politische Gewicht überzubetonen, dem mit dem brillanten Katalog zu ihrer hinreißend schönen Ausstellung „Weltkunst“ (in Zusammenarbeit mit dem Museum Rietberg) noch eins draufgesetzt. Ihr Augenmerk gilt den bedeutenden kunsthistorischen Dimensionen, die hier, beinahe mit einem gewissen Understatement, dennoch leuchtend ausgebreitet werden. Die erlesene Auswahl aus der unschätzbare Privatsammlung zeitgenössischer europäischer Kunst des 20. Jahrhunderts, der Bestand an klassischen und modernen Kunstwerken der maßgeblichen Maler und Bildhauer Mittel- und Westeuropas sowie die gezielt zusammengetragenen ethnologischen Kunstschätze überwiegend aus Asien, Afrika und Ozeanien machen aus der sich über zwei Etagen erstreckenden Wuppertaler Ausstellung einen Gang durch die Geschichte der Kunst – der Weltkunst. Die geniale Präsentation, der es gelingt ein wenig vom Leben und Ambiente zu spiegeln, das den Sammler umgab, wird für den Betrachter zu einer schwelgerischen Reise durch die Welt eines weitsichtigen Philanthropen und Connaisseurs. So sind eine dem Meer zugewandte Fensterfront seines Hauses in Zandvoort, der Speisesaal des Hotels Monte Verità und das von Marcel Breuer gestaltete Lesezimmer seiner Villa in Berlin-Grunewald nachgebaut worden. Atemberaubend ist auch die Präsentation der asiatischen und afrikanischen Volkskunst, voran die kostbaren Buddhas. Beginnend mit dem Bestand der Sammlung seines Vaters August, auf dem Eduard mit seiner Sammlung fußte bis hin zu den aktuellen zeitgenössischen Ankäufen aus den Geldern seiner Stiftung ist die Ausstellung chronologisch aufgebaut.
Das Leben Eduard von der Heydts, in die Familie des Finanziers Kaiser Wilhelms II. reich geboren, selbst Gründer diverser Banken, die enormen Verluste durch die Folgen der beiden Weltkriege, sein rastloses Reiseleben, seine finanzpolitischen Verwicklungen, aber auch seine Philosophie des Ausgleichs und seine Pflege von internationalen Freundschaften auf dem Anwesen seines Schweizer Hotels Monte Verità sind Stoff genug für weitere Untersuchungen und durchaus geeignet für Romane. Seine Verluste konnte er dank seiner Geschäftstüchtigkeit auf dem Kunstmarkt und Bankensektor (auch durch Einheirat) immer wieder ausgleichen und durch noch höhere Gewinne kompensieren. Die flossen in seine private Sammlung, ohne seinen Reichtum zu schmälern. Daß einem bei alledem das Zitat „Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ aus Bertolt Brechts Dreigroschenoper nicht aus dem Kopf geht, muß als Marginalie erlaubt sein.
Sein erstes Bild, das er für einen Courbet hielt, der aber keiner war, hat er im Jahr 1900 erworben. Bis zum Ende seines Lebens hat Eduard von der Heydt, fraglos ein Menschenfreund und wie betont wird ein fairer Kunst-Käufer, für seine Sammlungen ein ungeheures Vermögen ausgegeben. Weil es keine natürlichen Erben gab, sind seine Kunstschätze jetzt im öffentlichen Besitz. Einen wichtigen Teil seines Vermächtnisses können Sie bis 28. Februar 2016 in dieser einzigartigen Wuppertaler Ausstellung sehen.
„Weltkunst – Von Buddha bis Picasso“ – Die Sammlung Eduard von der Heydt
29. September 2015 – 28. Februar 2016 im Von der Heydt-Museum
Turmhof 8 – 42103 Wuppertal
Katalog: © 2015 Von der Heydt-Museum Wuppertal, 360 Seiten, 30,5 x 24,5 cm, gebunden, durchweg farbig illustriert, Hrsg. von Gerhard Finckh und Antje Birthälmer - ISBN 978-3-89202-092-9
25,- €
Zur Ausstellung gibt es aucheinen Film von Ralph Goertz, der für 15 € im Museum zu bekommen ist.
Weitere Informationen: www.weltkunst-ausstellung.de
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