Von blinder Gewißheit

Maike Freess in der Kunsthalle Barmen

von Gerhard Finckh

Freess, Puls schweigt - Foto: von der Heydt-Museum
Von blinder Gewißheit
 
Ein schlüssiges Gesamtkonzept von Maike Freess

Maike Freess ist auf dem Gebiet der Zeichnung fraglos eine herausragende Künstlerin. Die imposanten weiß- oder auch schwarzgrundigen Blätter, auf die sie direkt und ohne Vorstudien zeichnet, haben eine Dynamik und eine Vielschichtigkeit, die Malerei oder Skulptur so nicht erreichen können. Mit derselben Vehemenz und technischen Sicherheit macht Maike Freess sich aber auch die Neuen Medien zu eigen. In unserer Ausstellung zeigt sie beides zugleich: minimalistisch und inszeniert wirken die Foto- und Videoarbeiten, spontan und offen dagegen die Zeichnungen. Sich dem Bann der Zeichnungen von Maike Freess zu entziehen, ist kaum möglich. Nicht nur, daß sie technisch perfekt sind, auch die Imaginationskraft ist überwältigend. Vor allem die Tatsache, daß es sich hier nicht um surreale Fantasien handelt, die sich bequem in die Welt der Kunst abschieben lassen, sondern um Einblicke in die reale menschliche Psyche, ist fesselnd. Die fiktiven Figuren scheinen vertraut und sind uns in ihrer versunkenen, introvertierten Art sehr nah. Gleiches gilt auch für die Fotoarbeiten. Dabei geht es Maike Freess nicht allein um den Blick nach innen, sondern im gleichen Maße um das individuelle Erlebnis des Ausgesetztseins in die Welt von heute, in eine von kulturellen und gesellschaftlichen Konflikten geprägte Zeit. Nicht umsonst setzt sie eine Installation ins Zentrum der Ausstellung: Das Mädchen mit dem Sprengstoffgürtel – „Das Blaue vom Himmel“ hat Freess sie genannt.
 
In der Von der Heydt-Kunsthalle zeigt Maike Freess unter dem Titel „Von blinder Gewissheit“ nun eine sehr dichte Inszenierung, in der sie Fotoarbeiten, Videos, Installationen und Zeichnungen thematisch zusammenbringt. Ein Mittel, die Räume wie auch die einzelnen Arbeiten in eine Wechselbeziehung zu setzen, sind die auf dem Boden und über die Wände verlaufenden, sogar zur Skulptur sich verbindenden, schwarzen Linien als Raumzeichnungen, die sich durch die ganze Ausstellung ziehen. Ähnliche Linien oder „cuts" tauchen auch in den Zeichnungen selbst auf. Sie kreuzen, „durchschneiden“, unerwartet unseren Blick und stören unsere Sehgewohnheit. Die Anspielung auf den Filmschnitt ist offensichtlich. Es wird also spannend sein zu erleben, wie die Traditionsräume der alten Barmer Kunsthalle als Ganzes gefaßt und gleichzeitig zu einem neuen Ort transformiert werden.
 
Maike Freess hat in dieser Ausstellung ihre jüngsten Zeichnungen mit neuen, aber auch älteren Foto- und Videoarbeiten zu einem schlüssigen Gesamtkonzept vereint. Unser Dank gilt ihr und den vielen Leihgebern und Unterstützern dieser Ausstellung.


Maike Freess, Trap (Detail) - Foto: von der Heydt-Museum
 

Kuinsthalle, Raum 1 - Foto: von der Heydt-Museum


Gerhard Finckh
Direktor Von der Heydt-Museum   

Weitere Informationen:
www.von-der-heydt-kunsthalle.de