Feuilletonistische Perlen

Ruth Landshoff-Yorck – „Das Mädchen mit wenig PS“

von Frank Becker

Feuilletonistische Perlen
 
Erneut hat der AvivA Verlag einen literarischen Schatz gehoben: die Feuilletons von Ruth Landshoff-Yorck aus dem brodelnden Berlin der 20er Jahre, als alles möglich schien und vieles Neue geschafft und geschaffen wurde. Leider auch der Nationalsozialismus, der die große deutsche Kultur von 1933 an durch Flucht, Emigration, Deportation und Mord vieler ihrer klangvollsten Namen beraubt hat. Ruth Landshoff-Yorck konnte ihr Leben 1937 durch die Emigration in die USA retten. Ihr Werk wurde in Deutschland nach dem Verbot durch die Nazis und nach dem Ende des 12-jährign Reichs nicht angemessen wiederentdeckt. Das hat nun Walter Fähnders mit dem Band „Das Mädchen mit wenig PS“ anläßlich ihres sich am 19. Januar 2016 zum 50. Mal jährenden Todestages nachgeholt.
 
Kurzweilig, intelligent, klarsichtig, dazu sprachlich höchst originell, selbstbewußt, spritzig und unerhört lebendig sowie mit dem richtigen Schuß Chuzpe hat die 1904 geborene Schauspielerin und Journalistin ab 1927 ihre Welt im Feuilleton gespiegelt: für die Ullstein-Zeitschriften „Die Dame“ und „Tempo“, für die „Berliner Volkszeitung“, „Sport im Bild“, die „Breslauer Neuesten Nachrichten“, die „Bremer Weserzeitung“, den „General-Anzeiger“ in Frankfurt/M., den „Hamburger Anzeiger, den „Mainzer Anzeiger“ und die in Essen erscheinende „Rheinisch-Westfälische Zeitung“. Man sieht, das feuilletonistische Talent der jungen Dame sprach sich rasch herum.
Der Grund dafür liegt auf der Hand, bzw. mit jetzt wieder in der Hand des interessierten Lesers: „Das Mädchen mit wenig PS“, übrigens Ruth Landshoffs erster bekannter Text – sie schrieb ihn für „Die Dame“ und erzählt darin federleicht und pfiffig von emanzipierten autofahrenden Frauen in Interaktion mit den männlichen Autlern. Walter Fähnders leitet seine Sammlung damit ein und läßt über 180 Seiten die brillanten Gesellschafts- und Alltagsbetrachtungen, Texte über Sport und Automobile, Schallplatten und Filme, feuilletonistisch pointierte Reiseerzählungen und Literaturkritiken folgen. Dazwischen stehen kurze Erzählungen von Rang.
 
Ruth Landshoff-Yorck, die durch die weitläufige Verwandtschaft mit dem Verleger Samuel Fischer quasi alle maßgeblichen deutschen Literaturgrößen ihrer Zeit sowie Schauspieler und Künstler diverser Couleur kannte, durch ihre Arbeit auch bekannte Sportler, beschreibt auch diese und deren Arbeit und Eigenarten. Solche Texte wie u.a. über Josephine Baker, Emil Jannings und Alexander Lernet-Holenia zeigen wie ihre delikaten Reiseimpressionen aus Paris, Chicago oder Venedig die Köstlichkeit und den tiefen Witz, den die damals noch junge Schriftstellerin bereits in Perfektion hatte.
1937 emigrierte Ruth Landshoff-Yorck über Paris in die USA und lebte bis zu ihrem Tod 1966 als Publizistin, Übersetzerin und Theaterautorin in New York. Sie starb am 19. Januar 1966 während einer Aufführung des Stücks „Marat/de Sade“ von Peter Weiss.
Ihre Feuilletons sind wahre Perlen des Genres, die ich Ihnen sehr ans Herz lege.
 
Ruth Landshoff-Yorck – „Das Mädchen mit wenig PS“
(Feuilletons aus den Zwanziger Jahren)
© 2015 AvivA Verlag, 221 Seiten, gebunden, Lesebändchen, einige Fotos, Hg. und mit einem Nachwort v. Walter Fähnders, Chronik, Textnachweise  -  ISBN 978-3-932338-81-6
18,90 €
 
Weitere Informationen:  www.aviva-verlag.de